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Sitzt die Fruchtbarkeit im Darm?

Univ.Prof. Dr. Barbara Obermayer-Pietsch
© FERLIN-FIEDLER

Sitzt die Fruchtbarkeit im Darm?

Univ.Prof. Dr. Barbara Obermayer-Pietsch
© FERLIN-FIEDLER

Univ.-Prof. Dr. Barbara Obermayer-Pietsch ist stv. Leiterin der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Med Uni Graz und forscht unter anderem an Zusammenhängen von Mikrobion, Hormonen und dem Stoffwechsel. Die engagierte Medizinerin gab PERISKOP spannende Einblicke in ihr Forschungsgebiet.

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Mag. Dora Gamper

PERISKOP-Redakteurin

Das Mikrobiom gewinnt als Forschungsgebiet zunehmend an Bedeutung, dennoch gelten Forschungsprojekte zum Stoffwechsel und dem Mikrobiom noch immer als „exotisch“. Das menschliche mikrobielle und hormonelle System birgt für die Forschung noch viele Geheimnisse und verborgene Zusammenhänge, deren Erforschung sich lohnt – denn es gilt, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu stärken und den Menschen in seiner gesundheitlichen Gesamtheit zu erfassen. Prävention ist die Zukunft, davon ist Barbara Obermayer-Pietsch überzeugt.

PERISKOP: Frau Prof. Obermayer-Pietsch, erzählen Sie uns etwas über Ihre Arbeit – was ist Ihr Spezialgebiet?

OBERMAYER-PIETSCH: Ich bin Professorin für Endokrinologie, das bedeutet Internistin mit Endokrinologie, Osteologie und leite das große Endokrinologische Labor an der Med Uni Graz, zusätzlich auch Nuklearmedizinerin, denn die Endokrinologie war früher u. a. ein Bereich der Nuklearmedizin. Wir arbeiten am gesamten Spektrum der Hormone und des Stoffwechsels. Uns interessieren die Grenzgebiete zwischen diesen Systemen, das heißt, Interaktionen zwischen Knochen, Mikrobiom, Hormonen und Insulinstoffwechsel. Zurzeit forschen wir an speziellen Biomarkern zur Prävention von Erkrankungen, das könnte ein Überbegriff zu unseren Studien sein. Ich selbst bin klinisch tätige Internistin, ich bin mit den Patientinnen und Patienten in Kontakt, bekomme von dort auch gute Ideen – das ist mir sehr wichtig, weil ich angewandt forschen möchte.

Wir sind erst am Anfang, weil viele Leute nicht geglaubt haben, dass es möglich ist, das Mikrobiom gezielt zu beeinflussen.

Geben Sie uns Einblicke in Ihre wesentlichen Forschungsschwerpunkte. Woran arbeiten Sie zurzeit?

Wir arbeiten aktuell an einer großen Interventionsstudie mit Probiotika, die wir mit dem Institut Allergosan entwickelt haben. Wir haben davor schon eine Pilotstudie dazu gemacht – also mit einer kleineren Gruppe von Personen. Es geht dabei um das Polyzystische Ovarsyndrom (PCOS). Dabei konnten wir entdecken, dass die Betroffenen auffällige Mikrobiom-Daten haben, das heißt, wenig Diversität und kaum „gute“ Bakterienstämme, die man eigentlich haben sollte.

Wir erhalten über unsere eigenen Studien und viele andere Forschungsaktivitäten immer mehr Informationen darüber, wie welche Bakterienstämme wirken könnten, da gibt es ein breites Spektrum. Zu diesem Thema existieren bereits einige Meta-Analysen, Reviews und Übersichtsarbeiten, allerdings basierend auf relativ kleinen Studien. Aber wir sind erst am Anfang, weil viele Leute nicht geglaubt haben, dass es möglich ist, das Mikrobiom gezielt zu beeinflussen.

Das Polyzystische Ovarsyndrom (PCOS) lässt sich bislang nicht heilen. Erklären Sie kurz, wie es sich äußert.

Jetzt muss ich etwas ausholen, es geht hier um eine Verbesserung der Symptome bei PCOS, „Heilen“ ist bei einer offenbar natürlichen Anlagevariante nicht das Thema… Das PCO-Syndrom klingt nach Frauenkrankheit, ist es aber nicht im engeren Sinne. Es haben etwa 20–30 Prozent aller Frauen auf der Welt eine Neigung zu diesem Syndrom. Das PCOS setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, mit sehr unterschiedlichen Auswirkungen. Manche Betroffenen haben einen „Damenbart“ oder insgesamt stärkere Behaarung am Körper oder Haarausfall, andere haben Zyklusstörungen oder kleine Zysten in den Eierstöcken, das Syndrom wird u. a. durch die „Rotterdam-Kriterien“ definiert, die mindestens zwei von diesen drei Komponenten zur Bedingung für eine Diagnose machen.

PCOS wurde vor ungefähr 100 Jahren erstmals beschrieben und es betrifft weltweit sehr viele Menschen – nicht nur Frauen, sondern auch Männer.

Die betroffenen Männer, der „männliche Phänotyp“, hat oft früh eine Neigung zu Haarverlust oder Glatzenbildung und fettige Haut oder Akne. Betroffene haben auch (gering) mehr männliche Hormone als im Durchschnitt und im Laufe der Zeit auch oft eine deutliche Gewichtszunahme „Apfelform“. Wir konnten in einer internationalen genetischen Studie an einer halben Million Personen zeigen, dass es etwa 30 Gene sind, die dieses Syndrom mitbedingen, darunter als wichtige Player Gene aus dem Insulinstoffwechsel.

Das heißt, PCOS ist erblich bedingt?

Zum Teil ist PCOS tatsächlich in Familienstammbäumen zu finden, aber multifaktoriell. Dabei sind ein erhöhtes Insulin und Insulinresistenz (eine Insulinwirkungsstörung) zentral – das war vermutlich in der Evolution eine enorm wichtige Eigenschaft. Man konnte schnell viel essen und viel Energie speichern, wenn es danach wieder Hungerzeiten gab. Gleichzeitig haben PCOS-Frauen oft einen unregelmäßigen Zyklus, was in früheren Zeiten ebenso bedeutsam war – weniger Kinder bedeutete u.U. einen Überlebensvorteil, wenn es schwer war, viele Kinder zu ernähren. PCOS per se ist keine Krankheit, sondern eine evolutionäre Naturvariante, eine Anlageform. Deshalb haben es ja auch Männer, die meist ein bisschen kräftiger sind, manchmal auch aktiver in vielerlei Hinsicht.

Die Bedeutung der Probiotika, noch vor 20 Jahren als Marketing-Gag formuliert, geht jetzt in eine Richtung, dass diese für die Versorgung der Menschen in mehr und mehr Bereichen eine Rolle spielen können und werden.

Wir erzählen unseren Patientinnen und Patienten oft die „Bärengeschichte“. Damit kann jede und jeder verstehen, was Insulinresistenz bedeutet. Ein Höhlenbär muss im Herbst maximal viel fressen, damit er so dick ist, bis er ausreichen Reserven hat, Fettleber und Diabetes. Er hat dann einen unglaublich hohen Insulinspiegel, der seinen Heißhunger steuert (Stichwort Honig!). Im Winterschlaf werden diese Reserven verbraucht, wenn er im Frühling aufsteht, ist er metabolisch gesund. Wir haben ähnliche Gene, obwohl wir uns vor vielen Millionen Jahren evolutionsbiologisch von den Bären getrennt haben.

Was hat es mit dem Insulin auf sich?

Wir forschen besonders an Personen, deren Insulinspiegel rasch ansteigt, wenn sie Zucker oder andere kurzkettige Kohlenhydrate, z. B. Obst essen. Sie entwickeln dann einen Heißhunger auf Süßes und nehmen daher rascher an Gewicht zu – was durch die Insulinresistenz ermöglicht wird. Ich komme gerade von einem großen EU-Projekt-Meeting in Neuchâtel in der Schweiz, wo es darum ging, wie wir Biomarker dafür messen können. Viele insulinresistente Personen fühlen sich neben ihrem Übergewicht auch noch müde, unruhig, und jetzt kommt das Mikrobiom dazu: Sie haben ein weniger diverses Mikrobiom, mit vielfältigen Konsequenzen.

Wir arbeiten in diesem EU-Projekt zentral daran, den Insulinstoffwechsel alltagsnah zu dokumentieren. Dabei entwickeln wir ein nachhaltiges Detektionssystem, das individuell C-Peptid (das ist der „kleine Bruder des Insulins“) im Harn messen kann. Jede Person kann das in Zukunft zuhause selber machen. Bei den Ergebnissen gibt es einen grünen, gelben und einen roten Bereich, wie eine Ampel. Das wäre ideal für Personen mit Gewichtszunahme, solchen, die besonderen Süßhunger haben mit der Konsequenz einer Ernährungsänderung. Geeignet auch für Schwangere, die eher zur Gestationsdiabetes neigen oder Personen, die bestimmte Medikamente bei psychiatrischen Erkrankungen einnehmen müssen und zunehmen.

Gibt es Medikamente, die die Symptome bei PCOS lindern können?

Sehr häufig wird „die Pille“ verschrieben. Es gibt sie seit den 60er-Jahren und wir haben viel Erfahrung mit ihren Wirkungen, aber auch Nebenwirkungen. Bei PCOS wird u. a. als nicht-hormonelle Therapie auch Metformin (off label) gegeben, das seit 65 Jahren zugelassen ist. Es ist chemisch ein Biguanid und kommt u. a. in der Pflanze „Geißraute“ vor – ein sehr wichtiges Medikament in der Diabetestherapie, das diese hohen Insulinspiegel z. B. bei Typ 2-Diabetes senken kann. Mit Metformin können wir ohne Hormone behandeln – junge Frauen, ältere Frauen, Kinder und es hat viele positive Effekte. Seit 2017 ist bekannt, dass Metformin das Mikrobiom ändert. Aber es senkt zum Beispiel auch den Spiegel und die Wirkungen des Wachstumshormons Insulin-like Growth Factor 1 (IGF-1), daher ist es u. a. wichtig in der Krebstherapie.

Alternativ dazu könnten aber auch Probiotika in Kombination mit einer kohlenhydratreduzierten Ernährung bei PCOS einen wichtigen Beitrag leisten.

Sie haben das Mikrobiom erwähnt. Wie hängt das Insulin mit dem Mikrobiom zusammen?

Das ist eine Frage der zugeführten Nahrungsmittel. Je mehr Kohlenhydrate wir in der Ernährung zu uns nehmen, desto „ärmer“ wird unsere Mikrobiom-Zusammensetzung. Auch große Mengen an Obst sind problematisch. Aus Tierstudien wissen wir, dass die Fruktose die Oberfläche des Darms deutlich vergrößert. Die Darmzotten werden länger, dadurch kann wesentlich mehr resorbiert werden, wie im Fall des genannten Bären. Ein weiterer wichtiger Zusammenhang ist die Steuerung anderer Hormone. Wenn man ein hohes Insulin hat, hat man auch einen hohes IGF-1, wie bereits genannt. Das ist das körperwirksame Wachstumshormon, das junge Menschen, aber auch manche Tumoren wachsen lässt. Auf der anderen Seite sind Fertilität und Energiestoffwechsel sehr stark mit dem Insulin verbunden. Eine aktuelle Fachpublikation aus „Nature“ konnte das bei Insekten und Würmern nachweisen, dass die Menge an Futter und damit Insulin direkt in die Fortpflanzung und den Hormonhaushalt übersetzt wird.

Beeinflusst das Mikrobiom auch den Hormonhaushalt? Gibt es Studien, die die Zusammenhänge belegen können?

Ein Beispiel wäre, dass das Mikrobiom – über das Parathormon – auch für den Knochen enorm wichtig ist. Bisher dachte man, Knochen, Muskel, Drüsen, Leber und Darm stehen für sich. Aber es ist ein System, das sich gegenseitig beeinflusst. Zum Beispiel braucht man das Butyrat aus dem Mikrobiom des Darms, um das Parathormon, das den Knochen aufbaut, funktionsfähig zu machen. Da gibt es großartige neue Studien, die solche Zusammenhänge von Mikrobiom und Hormonsystem auf vielen Ebenen erforschen.

Das Mikrobiom der Vagina und des gesamten Fortpflanzungssystems zieht immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Stimmt es, dass wir ein gesundes Mikrobiom für die Fortpflanzung brauchen?

Es gibt tatsächlich neue Erkenntnisse bezüglich des Mikrobioms der Vagina, das gilt auch für Probiotika. Wenn wir ein Probiotikum zuführen, ist die Frage: Wie können wir wissen, dass es auch verwertet werden kann? Wird die Störung oder das Fehlen eines Stamms im Mikrobiom aus wissenschaftlicher Sicht durch solche Produkte behoben? Das ist eine wichtige Frage. Es gibt dazu eine hoch interessante Studie aus Wien, die zeigen konnte, dass ein oral eingenommenes Probiotikum erstens die Darmpassage überlebt, zweitens dort siedelt und drittens auch die Vagina besiedelt. Das hat man festgestellt durch operative Neo-Vaginas bei Transgender-Personen. Diese werden vom Darm aus besiedelt, was nicht unlogisch ist aufgrund der anatomischen Verhältnisse. Man konnte mit diesem speziellen Studiendesign nachweisen, dass das Mikrobiom tatsächlich aus dem Darm kommt und dass man das vaginale Mikrobiom beeinflussen kann.

Wie erkennt man eigentlich, ob man ein gestörtes Mikrobiom hat?

Die Dysbiose, die bei einem gestörten Mikrobiom Symptome macht, spüren viele Menschen, ein allgemeines „Unwohlsein“ – das äußert sich in Blähungen und/oder einer gestörten Verdauung und/oder einer andauernden Müdigkeit. Manche Patientinnen und Patienten beschreiben auch einen „Nebel im Kopf“.

Unsere Vorfahren haben gelegentlich länger gefastet, und wir haben auch hier in Graz hervorragende Ergebnisse zum intermittierenden Fasten. Dazu werden jetzt gerade die Mikrobiom-Daten ausgewertet. Das Fasten früherer Generationen in bestimmten Zeiten, sei es traditionell oder religiös begründet, hatte vielleicht in diesem Gefühl seinen Ursprung, wir sind „alerter“, aufmerksamer, wacher während des Fastens. Es wirkt sich positiv auf unser Mikrobiom aus, wenn wir u. a. wenig Zucker und Kohlenhydrate zu uns nehmen.

Kann sich das Mikrobiom auch auf die Psyche auswirken?

Ja, nachweislich. Das Mikrobiom, der Stoffwechsel und die Hormone haben tatsächlich großen Einfluss auf das Gehirn und die Psyche. In Graz gibt es viel Forschung auf dem Gebiet der Psychosomatik und Psychiatrie zu diesem Thema, und da gibt es auch schon gute Daten, dass man bei Personen mit bestimmten psychischen Störungen mit Probiotika intervenieren kann – und eine gute Zusammenarbeit zwischen den Forschungsgruppen. Ein Schlüsselwort für Probiotika ist dazu „Psychobiotika“ und es wird aktuell weiter an diesen Effekten geforscht.

Was kann man als Patientin/als Patient zu einem gesunden Mikrobiom bzw. einer gesunden Darmflora beitragen?

Unsere Studie zu Mikrobiom und PCOS wird erst im Frühjahr beendet und daher können wir noch keine abschließenden Aussagen treffen. Das Erste und Wichtigste ist – es schadet nicht, Probiotika zu nehmen (es sei denn, es besteht aus verschiedenen Gründen eine individuelle Immundefizienz). Die Studienteilnehmerinnen haben das wunderbar vertragen, so viel kann ich jetzt schon sagen. Und wir haben während der Zeit der Studie sechs entzückende Wunschkinder bekommen. Wir wussten, wenn der Zyklus wieder funktioniert, wird es auch zu Schwangerschaften kommen. Das ist sechsmal passiert und das ist wirklich großartig für uns. Die Probiotika wurden gegenüber der bisherigen Therapiemöglichkeit mit Metformin getestet. Wir glauben, dass sie eine Alternative sein können, wenn jemand Metformin nicht verträgt, was bei manchen Menschen gastrointestinal der Fall ist.

Wirken sich hormonelle Verhütungsmittel auf das Mikrobiom aus?

Interessanterweise gar nicht. Es passiert im Mikrobiom kaum etwas, wenn eine Frau „die Pille“ einnimmt, dazu gibt es bereits Studien. Leider haben Frauen mit PCOS, ob sie jetzt die Pille einnehmen oder nicht, ein wenig diverses Mikrobiom, was wieder eine Kaskade von Dingen in Gang setzt: erhöhte Entzündungsmarker, mehr Inkretine. Letztere sind Hormone, die von Zellen im Magen oder im Darm oder, wie Leptin, besonders auch in Adipozyten gebildet werden. Es war lange schwer möglich, diese Inkretine zu messen, da sie nur einige Minuten Halbwertszeit im Blut haben, aber nun können wir sie in unserem großen endokrinologischen Labor messen. Inkretine erzeugen in unserem Gehirn u. a. das Sättigungsgefühl. Das Problematische bei erhöhtem Insulinspiegel/Insulinresistenz ist: Personen, die so wie die Bären im Herbst ständig zunehmen, weil sie ein hohes Insulin haben, können auch ein hohes Leptin haben. Das hohe Leptin lässt diese Menschen keine Sättigung spüren. Das heißt, sie essen immer weiter. Bewegung und Sport sind wichtig, aber teils schwierig in den Alltag zu integrieren und machen oft nicht so viel aus für unseren Energieverbrauch im Muskel, wie wir gerne hätten. Das Körpergewicht läuft zu großen Teilen über die Ernährung – und über das Mikrobiom. Deshalb ist das so wichtig.

Es gibt ja tote versus lebende Bakterienstämme, gibt es da Unterschiede in der Wirkung?

Es kommt sehr darauf an, was man erreichen möchte und was für den Körper verwertbar ist. Die Probiotika, die wir testen, sind vitale Stämme. Es gibt ja auch Präbiotika, es gibt Postbiotika und wir beschäftigen uns u. a. auch mit wichtigen Pflanzenhormonen, sogenannten Phytoöstrogenen, z. B. Isoflavonen, die wir mit Gemüse oder Soja essen. Das sind „externe“ Hormone, die vom Mikrobiom verstoffwechselt und dann im Körper aufgenommen werden. 30 Prozent der Europäerinnen und Europäer haben die entsprechenden Bakterien im Darm und können daraus hormonähnliche Substanzen bilden. Das heißt, diese biologisch aktiven Pflanzenhormone wirken aber auch nur bei 30 Prozent der Menschen – bei den anderen 70 Prozent haben sie kaum eine Wirkung.

Wir sind als Endokrinologinnen und Endokrinologen draufgekommen, dass wir für die Beurteilung von Hormonen und Stoffwechsel vieles mit einbeziehen müssen, so wie die Ernährung und die Darmflora und andere Umweltbedingungen. Das ist unser Forschungsansatz.

Bei probiotischen Interventionen ist das Ziel, zu erforschen, wie sich die verschiedenen Bakterienstämme auf die Studienteilnehmenden auswirken. Im Fall der Isoflavone sollen jene Personen identifiziert werden, die solche Phytohormone über ihr Mikrobiom bilden können, die andere Gruppe sollte dann Probiotika erhalten, um die beste Wirkung für deren Gesundheit zu erzielen.

Wir wirken mit unserer Forschung ein bisschen „exotisch“. Aber wenn man ein Antibiotikum nehmen muss und daraufhin ein Probiotikum erhält, da weiß man schon ein bisschen mehr drüber und es ist allgemein bekannt. Wir sind erst über die Forschung zur Insulinresistenz und die Darmdysbiose zur Idee gekommen, dass man hier intervenieren kann. Die Bedeutung der Probiotika, noch vor 20 Jahren als Marketing-Gag formuliert, geht jetzt in eine Richtung, dass diese für die Versorgung der Menschen in mehr und mehr Bereichen eine Rolle spielen können und werden. Unser Wissen wird immer präziser und ist ein Teil der „personalisierten Medizin“. Unser Ziel ist, dieses neue Wissen für die Menschen maßzuschneidern. 

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