Von 17. bis 18. Mai 2019 fand im Stift Seitenstetten die dritte Tagung des Vereins am plus zur neuen Primärversorgung unter dem Titel „Primärversorgung Neu: Stimmen die Umsetzungen?“, anschließend an die PRAEVENIRE Gesundheitstage, statt. AM PLUS wollte mit dieser Tagung eine weitere Initiative zur optimalen Umsetzung der neuen Primärversorgung in Österreich setzen.| Von Dagmar Muckenhuber BA, BSc und Christina Winkler, MA
Zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern von relevanten Gesundheitsberufen wurde bei dieser Tagung die Gelegenheit gegeben, Antworten zu Herausforderungen bei der Umsetzung von Primärversorgungseinheiten (PVE) in Österreich zu bekommen und sich ein detaillierteres Bild über bereits erfolgreich initiierte Pilotprojekte zu machen. „Das aktuelle Gesetz wird verschieden interpretiert und umgesetzt“, so Dr. Erwin Rebhandl, Präsident des Vereins AM PLUS, bei der Begrüßung zur dritten AM PLUS-Tagung. Bei frühlingshaften Temperaturen wurde in darauffolgenden Vorträgen und Workshops mit rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern u. a. die Frage diskutiert, ob und wie weit die derzeit umgesetzten PVE den ursprünglichen Zielen gerecht werden. Laut Rebhandl solle die Tagung allen Vertreterinnen und Vertretern der relevanten Gesundheitsberufe sowie anderen relevanten Institutionen dabei helfen, Antworten zu Herausforderungen bei der Umsetzung von PVE in Österreich zu bekommen. Verschiedene Expertinnen und Experten aus allen Gesundheitsbereichen sprachen über ihre Erfahrungen, Erfolge und diverse Herausforderungen mit der Primärversorgung. In einer abschließenden Podiumsdiskussion am darauffolgenden Tag wurde mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Land und Sozialversicherung diskutiert.
Ein gutes Programm mit kritischen Inhalten
Dr. Erwin Rebhandl, Präsident von AM PLUS und selbst Arzt für Allgemeinmedizin in der PVE in Haslach an der Mühl, eröffnete die Tagung mit einleitenden Worten über die wichtigsten Essenzen der 4. PRAEVENIRE Gesundheitstage im Stift Seitenstetten, die die Tage davor stattgefunden haben. Anschließend startete Priv.-Doz. Dr. med. univ. Stefan Korsatko mit seinem Impulsvortrag „Primärversorgung NEU – Wie sieht die aktuelle Landschaft in Österreich aus?“ Korsatko sprach über die Anfänge der PVE, deren geografische Planung und aktuelle Umsetzungen sowie über den ökonomischen Vorteil, der mit einer PVE einhergeht. Welche Rolle Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in einem Primärversorgungszentrum einnehmen, erklärten Veronika Böhmer, BA und zwei Studentinnen der Fachhochschule St. Pölten, Sophie Gugler und Katharina Korn, mit der Vorstellung des Projektes „Sozialarbeiterische Handlungskonzepte bei wiederholter Inanspruchnahme im Gesundheitswesen“. Das Projekt ging von der Annahme aus, dass Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter bei Hausärztinnen und Hausärzten in PVE eingesetzt würden, um passendere Ressourcen mit Betroffenen zu identifizieren und eine gemeinsame Fallplanung durchzuführen. Auf die Vorträge des Vormittags folgte der interaktive Teil der Tagung, dessen Kernstück die Workshops waren.
An fünf Stationen wurden dabei fünf Fragen im multiprofessionellen Setting behandelt. Diese begannen bei der Station „Wie schaffe ich eine funktionierende PVE?“, unter der Moderation von Dr. Erwin Rebhandl, und wechselten im 20-Minuten-Rhythmus zu den weiteren Stationen: „Prävention und Langzeitbetreuung in einer PVE“, „Problemstellungen im laufenden Betrieb in einer PVE“, „Brauchen wir neue Ausbildungsmodelle?“ und „Verrechnungsmodelle und Honorierungssystem“. Moderiert wurden die weiteren Stationen von Dr. Otto Pichlhöfer, Allgemeinmediziner in Wien, Mag. Michaela Langer, Generalsekretärin des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP), Johanna Schörgenhuber, Mitarbeiterin im PVE Haslach, sowie von AM PLUS-Vizepräsident, Univ.-Prof. Dr. Manfred Maier.
Nach einem kurzen Resümee des Tages und der Inhalte wurde der Freitag mit einem gemeinsamen Abendessen abgeschlossen.
Einblick in die europäische Praxis
Der zweite Tag startete gleich mit der Darstellung der Ergebnisse der Workshops. Die Erkenntnisse wurden von den jeweiligen Leiterinnen und Leitern der Gruppen zusammengefasst, präsentiert und diskutiert. Danach gab der internationale Gast, Univ.-Prof. Dr. Igor Svab, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Ljubljana (Slowenien), der auf Einladung von Univ.-Prof. Dr. Manfred Maier die Tagung besuchte, einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen von Teamwork und Zusammenhalt in Primärversorgungszentren auf europäischer Ebene. Anschließend berichtete Maier, ehemaliger Leiter der Abteilung für Allgemein- und Familienmedizin am Zentrum für Public Health in Wien, kritisch über die Situation der Primärversorgung in Österreich. In seinem Impulsvortrag „PVE-Umsetzungen in Österreich: Sind wir (alle) auf dem richtigen Weg?“ stellte er die Frage, ob und inwieweit die derzeit umgesetzten Projekte den ursprünglichen Zielen gerecht werden. Den inhaltlichen Abschluss am Samstag bildete eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion zum Thema „Primärversorgung Neu – Stimmen die Umsetzungen?”. Unter der Moderation von Univ.-Prof. Dr. Manfred Maier diskutierten Dr. Max Wudy, stellvertretender Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer für NÖ, Dr. Gerald Bachinger, NÖ Patienten- und Pflegeanwalt, Mag. Jan Pazourek, Generaldirektor der NÖGKK, Dr. Christoph Powondra, Allgemeinmediziner im PVE Böheimkirchen, Dr. Erwin Rebhandl, Allgemeinmediziner in der PVE Haslach, und Philipp Schramhauser, PVE-Manager in Böheimkirchen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung nützten diese Gelegenheit und stellten den Podiumsdiskutanten zahlreiche Fragen. Nach einem kurzen Resümee durch AM PLUS-Präsident Dr. Erwin Rebhandl fand die Tagung am Samstagmittag ihren Abschluss.
Es gibt noch viel zu tun
Eine der Schlussfolgerungen der erfolgreichen AM PLUS-Tagung war, dass es für die Errichtung und Organisation einer PVE motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter braucht, die hinter dem Konzept stehen. Die österreichische Landschaft der Primärversorgung ist im Aufbau und es gilt weiter daran zu arbeiten, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass das Konzept erfolgreich umgesetzt werden kann. Das Publikum hat sich aktiv an der Diskussion beteiligt, dies zeigt deutlich, wie sehr das Thema die verschiedenen Angehörigen der Gesundheitsberufe bewegt. Für den Verein AM PLUS ist dieses positive Feedback ein wichtiger Ansporn, weiter an der Umsetzung von PVE in Österreich zu arbeiten. An dieser Stelle dankt der Verein allen Unterstützerinnen und Unterstützern und Kooperationspartnern!