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PRAEVENIRE Wissen in Bayern geschätzt

Gruppenfoto
© ANDIFRANK

PRAEVENIRE Wissen in Bayern geschätzt

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Nur wenige Tage nach den Digital Health Gipfelgesprächen in Alpbach fand am 12. Juli der zweite Bayerische e-Health- Kongress in Augsburg statt. Bei unseren Nachbarn wurde man auf die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Digital Health durch PRAEVENIRE in Österreich aufmerksam und lud PRAEVENIRE Chief Digital Officer Dr. Franz Leisch ein, bei der Diskussionsrunde „EPA für alle – lernen von den Nachbarn“ die Situation in Österreich darzustellen und die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse der Gespräche in Alpbach zusammenzufassen.

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Rainald Edel, MBA

Periskop-Redakteur

Am 12. Juli 2023 fand in Augsburg der zweite Bayrische E-Health-Kongress statt. Das Ziel der Veranstaltung war es, bereits bestehende Lösungen im Gesundheitsbereich zu präsentieren. Des Weiteren diente der interdisziplinäre Austausch mit hochkarätigen Gästen sowie Impulsvorträgen und Podiumsdiskussionen mit namhaften Expertinnen und Experten dazu, Verbesserungen im Bereich der Digitalisierung aus Bayern für Deutschland auf den Weg zu bringen.

„Wir haben in Deutschland kein Problemerkennungsdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit. Wir zeigen heute, was in Bayern schon möglich ist und was konkret umgesetzt wird“, begrüßte Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek die rund 500 Gäste des Kongresses. Unter dem Motto „Vom Reden zum Machen! E-Health-Standort Bayern“ präsentierte das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege seine 13 Förderprojekte und zeigte dem interdisziplinären Fachpublikum: Wenn der Mensch im Zentrum steht, lässt sich mit technischen Lösungen seine Gesundheit und Pflege verbessern. Es konnte gezeigt werden, was bereits in Sachen Digitalisierung geht und wie die Hürden der digitalen Transformation in Gesundheit und Pflege genommen werden können.

„Wir müssen die Chancen der Digitalisierung in Gesundheit und Pflege entschlossen ergreifen, um die Versorgung für die Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern. Deutschland hat hier noch großen Nachholbedarf. Deshalb brauchen wir Veranstaltungen wie unseren E-Health-Kongress. Auf dieser zentralen bayerischen Plattform können sich Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung über die digitale Transformation in Gesundheit und Pflege informieren, austauschen und zukunftsweisende Projekte aus Bayern direkt kennenlernen“, so Holetschek. Der Minister ergänzte: „Ich bin überzeugt davon, dass E-Health und E-Care die Medizin und die Versorgung in der Pflege entscheidend positiv beeinflussen können, um beispielsweise Pflegekräfte zu entlasten. Für eine hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung auch in ländlichen Regionen ist die Digitalisierung besonders wichtig. Digitale Prozesse entlasten und schaffen mehr Zeit für andere Aufgaben. Sie verbessern das, worauf es am meisten ankommt: die Versorgungsqualität und die Patientenzufriedenheit.“ Holetschek führte aus: „Aber klar ist: Wir müssen das Thema Digitalisierung mit seinen Chancen und Risiken richtig anpacken und nicht nur die technische Seite betrachten. Deshalb möchte ich auch diejenigen ansprechen, die Bedenken haben, wenn wir neue technische Lösungen in einem so sensiblen Bereich wie Gesundheit und Pflege anwenden: Der Mensch steht immer im Mittelpunkt. Dafür steht auch unser E-Health-Kongress, auf dem wir zeigen, was durch die Digitalisierung in der Medizin und Pflege bereits möglich ist und wie es dem Wohl der Patientinnen und Patienten direkt zugutekommt.“

Wir müssen das Thema Digitalisierung mit seinen Chancen und Risiken richtig anpacken und nicht nur die technische Seite betrachten.

Der Minister unterstrich: „Wenn wir Forschung und Innovation zu unser aller Wohl vorantreiben wollen, dann brauchen wir eine gute Datengrundlage. Denn eine koordinierte Sammlung an gesundheitsrelevanten Daten und deren Auswertung eröffnen ungeheure Chancen, um die Forschung beispielsweise bei der Krebsbekämpfung voranzubringen.“ Holetschek erklärte dazu: „Dabei gilt es aber, ganz klar zu beachten: Der Datenschatz muss immer im Zusammenhang mit dem Datenschutz gedacht werden. Die Menschen müssen sich immer darauf verlassen können, dass ihre Daten sicher sind. Bei dem Thema Digitalisierung in der Medizin und Pflege braucht es Kommunikation auf Augenhöhe und einen entsprechenden rechtlichen Rahmen, damit die Bürgerinnen und Bürger von Beginn an mitgenommen werden. Beides ist vom Bund bisher ungenügend umgesetzt worden!“

Zum Abschluss seiner Eröffnungsansprache betonte er: „Mit dem 2. Bayerischen E-Health-Kongress zeigen wir einmal mehr, dass wir in Bayern lösungsorientiert und multiperspektivisch handeln, nah an den Bürgerinnen und Bürgern sind und nicht nur reden, sondern auch machen!“

Europäische Beispiele

Etwas kürzer als die elektronische Gesundheitsakte ELGA in Österreich, nämlich erst seit Jänner 2021, steht die elektronische Patientenakte (ePA) jedem gesetzlich Versicherten in Deutschland zur Verfügung. Allerdings wird diese in der Praxis kaum genützt. Warum dies so ist und wie ähnliche Systeme in anderen Ländern strukturiert sind, erläuterte eine hochkarätige Diskussionsrunde unter dem Titel „ePA für alle – Lernen von den Nachbarn“. Nach einem Videoimpuls „ePA für alle!“ durch Lena Dimde (gematik GmbH) und dem Impulsvortrag zu „sundhed.dk – that’s how we do it!“ von (Lilse Svanholm, Director of Center for Health Innovations, Dänemark) folgte die Podiumsdiskussion mit Christian Weigand, Medical Valley Digital Health Application Center GmbH (dmac), Franz Leisch, Chief Digital Officer bei der österreichischen Gesellschaft zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung PRAEVENIRE, Viktoria Prantauer, Patient Advocate, thechiefpatientofficer.com sowie Prof. Dr. Georgios Raptis, OTH Regensburg.

Zusammengefasst zeigte sich aus den Impulsvorträgen, dass Deutschland noch großen Nachholbedarf hat, insbesondere im Vergleich zu Dänemark, auch wenn Lösungen in anderen Ländern nicht eins-zu-eins auf das deutsche Gesundheitssystem übertragbar sind. Wie auch der Bayrische Gesundheits- und Pflegeminister kamen die Keynote-Speaker zu dem Schluss: Erst, wenn die elektronische Patientenakte befüllt ist und ein Großteil der Versicherten sie auch nutzt, wird ihr Vorteil spürbar.

Gamechanger Widerspruchslösung (Opt-out)

Vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden Entwurfes zur Novellierung des Digitalgesetzes in Deutschland diskutierten die Teilnehmenden, welche Faktoren bezüglich der ePA zu berücksichtigen wären. Denn soweit aus dem Entwurf bekannt ist, plant die deutsche Bundesregierung, wie nicht zuletzt auch von Bayern gefordert, einen Systemwechsel bei der Bereitstellung der ePA von Opt-in zu Opt-out.

„Wenn man ePA zum Durchbruch verhelfen will, ist diese Umstellung unumgänglich“, erklärte Franz Leisch, der vor seinem Engagement für das PRAEVENIRE Gesundheitsforum die Einführung von ELGA in Österreich als Geschäftsführer verantwortete. Denn wie ein Vergleich der europäischen Länder zeige, ist überall dort, wo man sich aktiv von der Teilnahme an einem elektronischen Gesundheitssystem abmelden kann, die Akzeptanz und Teilnahme in der Bevölkerung deutlich höher als in jenen Ländern, die wie Deutschland ihre Bevölkerung zu einer aktiven Teilnahme einladen. „In Österreich haben sich in Summe nur rund drei Prozent der gesetzlich Versicherten von ELGA abgemeldet“, so Leisch. Allerdings sollte Deutschland in der Umsetzung jenen Fehler vermeiden, den Österreich bei der Einführung von ELGA gemacht habe, insbesondere der administrativ schwierige und kaum genutzte Widerspruch im Einzelfall („situatives Opt-out”).

„Wie sich zeigt, führt dies zu einer Verunsicherung und zu einem Vertrauensverlaust aufseiten der Ärztinnen und Ärzte, da man so nicht weiß, ob ein Datensatz wirklich vollständig ist, andererseits hemmt es wegen organisatorischer Umsetzungsschwierigkeiten den Anschluss von niedergelassenen Laboren an ELGA“, so Leisch. Grundsätzlich fahre Österreich mit der Opt-out-Lösung im Gesundheitsbereich gut, das zeigt z.B. die Widerspruchsregelung bei der Organspende. „Natürlich muss man bei Einführung solcher Lösungen auch die Bevölkerung entsprechend einbinden, aufklären und manche Ängste nehmen, die teilweise berechtigt entstehen. Aber auch, wenn man die Zustimmung in der Bevölkerung hinter sich weiß, ist es schwierig, sie zu dem aktiven Schritt der Teilnahme zu bringen. Hingegen werden jene Personen, die eine Maßnahme aus Überzeugung nicht mittragen, aus eigenem Antrieb aktiv“, schilderte Leisch. Ein weiterer Vorteil, wenn man eine Opt-out-Regelung vorsieht, ist, dass man vom Start weg die kritische Größe erreicht hat. Somit ist auch für die Anwenderinnen und Anwender im Gesundheitssystem die Motivation gegeben, das digitale Tool aktiv zu nutzen.

Auch hinsichtlich des geplanten Europäischen Gesundheitsdatenraumes sei es wichtig, dass die einzelnen Gesundheitssysteme über entspre- chende Daten verfügen, die datenschutzkonform und sicher erhoben werden. „Österreich hat bei der Errichtung von ELGA von Anfang an auf Standards wie HL7 gesetzt. Seit 2018 für Terminologien wird auch auf SNOMED CT gesetzt. Die Abkürzung steht für Systematized Nomenclature of Medicine Clinical Terms und ist eine der bedeutendsten und umfassendsten medizinischen Terminologien, da mehr als 311.000 eindeutig identifizierte, logisch definierte sowie hierarchisch angeordnete Begriffe enthalten sind. Dadurch halten unsere Gesundheitsdaten internationale Standards ein, und das erleichtert auch den europäischen Austausch“, stellte Leisch dar.

Informationsaustausch über Grenzen hinweg

„Gerade bei so fundamentalen Themen, wie der Digitalisierung, ist der länderübergreifende Erfahrungsaustausch sehr wichtig“, so Leisch zum Abschluss des Kongresses. Neben den offiziellen Vorträgen und Podiumsdiskussionen waren es vor allem die persönlichen Gespräche mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die oftmals neue, tiefere Einblicke gegeben und auch Erkenntnisse zutage gebracht haben, die wieder der Diskussion bei PRAEVENIRE Veranstaltungen zugutekommen. „So konnte ich beispielsweise mit Prof. Dr. Klaus Markstaller, der seit Jänner 2023 neuer Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender am Universitätsklinikum Augsburg ist, kürzlich über die praktische Anwendung von e-Health an deutschen Kliniken sprechen“, berichtete Leisch. Zuletzt leitete Markstaller die Klinik für Anästhesie an der Medizinischen Universität in Wien, dem AKH und kennt dadurch die österreichischen Digital-Health-Systeme und die damit verbundenen Herausforderungen besonders genau.

Diese Netzwerke und Verbindungen sind, so Leisch, eine wichtige Ressource des PRAEVENIRE Gesundheitsforums und tragen dazu bei, dass in Gipfelgesprächen und Diskussionsrunden nicht nur die österreichische Perspektive betrachtet wird, sondern auch über den eigenen Tellerrand hinaus Lösungen und Handlungsempfehlungen entwickelt werden können.

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