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Klinische Pharmazie verbessert die Medikamentensicherheit

© Krisztian Juhasz

Klinische Pharmazie verbessert die Medikamentensicherheit

© Krisztian Juhasz

Die Pandemie hat in vielen Bereichen ihre Spuren hinterlassen. Am deutlichsten zeigt sich das aktuell bei den Spitalsärzten: körperliche und psychische Grenzen sind an manchen Punkten sogar schon überschritten, wie eine Umfrage der Kurie angestellter Ärzte der Ärztekammer Wien zeigt.

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Mag. Renate Haiden, MSc.

Freie Redakteurin

In Kooperation mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Pitters Trendexpert wurden im April 2021 8.200 angestellte Ärztinnen und Ärzte in Wien zu ihrer Arbeitssituation befragt. Ziel war es zu erfahren, wie die Ärzteschaft den aktuellen Arbeitstag während der Pandemie erlebt,
wie die Belastungen konkret die tägliche Arbeit beeinflussen und welche Lösungen in Zukunft die Arbeit erleichtern können. Die Beteiligungsquote betrug 21,5 Prozent, das entspricht 1.765 Ärztinnen und Ärzten, und die Ergebnisse können damit ein mehr als repräsentatives Bild der Situation zeichnen.

Hohe Burnout-Gefahr

Im Rahmen des Arbeitsalltags wurde abgefragt, wie sich die Ärztinnen und Ärzte sowohl körperlich als auch psychisch fühlen. „Die Ergebnisse sind dramatisch: Mehr als die Hälfte fühlt sich oft oder sehr oft emotional erschöpft. Rund 52 Prozent sprechen von deutlicher körperlicher Erschöpfung“, gibt Dr. Stefan Ferenci, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, Einblick in die Umfrage. „Mehr als ein Viertel fühlt sich oft oder sehr oft im Job alleingelassen, knapp ein Viertel fühlt sich geschwächt oder anfällig, selbst krank zu werden“, so Ferenci weiter. Besonders alarmiert haben ihn zwei der Ergebnisse: „20 Prozent denken oft oder sehr oft, dass sie die Situation nicht mehr aushalten und 14 Prozent meinen, bereits an einem Burnout zu leiden.“ Zahlreiche Studien aus dem Public-Health-Sektor belegen, dass das medizinische Personal unter der Pandemie besonders gelitten hat. Wenig überraschend ist, dass neben dem psychischen Druck Depressionen, Angst oder Schlafstörungen in der Berufsgruppe zugenommen haben. Etwa die Hälfte der Befragten hat auch zumindest einmal darüber nachgedacht, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu
nehmen. „Das ist ein klares Warnsignal“, ist der Ärztekammervertreter überzeugt.

Die Spitalsärztinnen und -ärzte wissen aber nicht nur um ihre eigene Situation Bescheid:
86 Prozent sind der Ansicht, dass die weiteren medizinischen Berufsgruppen ebenfalls emotional erschöpft sind, 83 Prozent attestieren diesen auch eine körperliche Überbelastung.

Kündigungswelle droht

Die Konsequenzen dieses Arbeitsalltags und der prekären Arbeitsbedingungen sind für viele Befragte eindeutig. So hat etwa die Hälfte schon über einen Jobwechsel beziehungsweise eine Kündigung nachgedacht, knapp ein Fünftel der Befragten denkt darüber oft oder sogar sehr oft nach. „Eine Kündigungswelle wäre verheerend“, schlägt Ferenci Alarm, denn nach wie vor ist die Pandemie nicht überstanden und die Situation könnte sich noch weiter verschlimmern.

Zeit zum Gegensteuern ist es längst, denn die Gründe für die enorm hohe Belastung der
Spitalsärztinnen und -ärzte sind nicht neu und waren schon vor der Pandemie bekannt.
So nannten 82 Prozent ganz klar den hohen bürokratischen Aufwand, 78 Prozent den Personalmangel, 77 Prozent die psychische Belastung und 53 Prozent die Ressourcenknappheit als sehr oder eher belastend. 59 Prozent fühlen sich durch die permanente Ansteckungsgefahr im Beruf sehr oder eher belastet. Die Ärzteschaft hat in der Umfrage auch auf mögliche Maßnahmen hingewiesen, die zu einer Entlastung beitragen können. So gaben 98 Prozent an, dass eine vorausschauende Personalplanung im Hinblick auf die Arbeitszeiten notwendig wäre, 97 Prozent fordern mehr geschultes Fachpersonal für die Intensivstationen und 80 Prozent wünschen sich ein Plus an psychologischer Betreuung, sowohl für die Ärzteschaft als auch für die anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen. 85 Prozent wünschen sich außerdem klare Richtlinien für die Reihung von Patientinnen und Patienten.
„Das zeigt, dass die Triage in Spitälern Realität ist und wir die Spitalsärztinnen und -ärzte mit dieser Entscheidung nicht alleinlassen dürfen“, betont Ferenci.

Patientenversorgung gefährdet

92 Prozent der Befragten stimmten zu, dass Patientinnen und Patienten ebenfalls unter
der Überlastung des Personals leiden würden. Sogar 97 Prozent stimmen voll oder eher zu,
dass es wichtig wäre, die Empfehlungen von Ärztinnen und Ärzten in das Coronakrisenmanagement einzubeziehen.

Klar ist: Wer selbst nicht fit ist, kann sich auch nicht optimal um die Betreuung der Patientinnen und Patienten kümmern. „Wir müssen darauf achten, dass jene Menschen, die für unsere Gesundheit arbeiten, nicht selbst zu betroffenen Patientinnen und Patienten werden. Die hohen Belastungen werden auch nicht mit dem Ende der Pandemie verschwinden, sondern weiterhin bestehen.

Daher braucht es dringend Lösungen“, fasst Ferenci zusammen. Die Forderungen der
Ärztekammer sind eindeutig: Es braucht mehr Zeit für die Kernaufgabe – die Patientenbetreuung –, die Ausbildung des Nachwuchses und für die eigene Regeneration. Damit
würde automatisch auch die Zufriedenheit im Job steigen. „Ein Mentoringsystem, bei dem
sich erfahrene Ärztinnen und Ärzte um junge Mitarbeitende kümmern können, ist dringend
erforderlich. Gleichzeitig müssen Medizinerinnen und Mediziner von Verwaltungstätigkeit befreit werden“, bringt es der Ärztekammervertreter auf den Punkt. Insgesamt ist mehr Wertschätzung für den Beruf – sowohl vonseiten der Vorgesetzten als auch in der Öffentlichkeit das Gebot der Stunde. „Große Konzerne zeigen, wie Mitarbeiterbindung funktionieren kann.

Spitäler sind von diesen Managementtools meist weit entfernt“, kritisiert Ferenci. Dass zu den attraktiven Arbeitsbedingungen auch ein ansprechender Arbeitsplatz gehört, versteht sich fast von selbst, doch es fehlt oft an moderner Ausstattung und IT-Infrastruktur. „Ich bin überzeugt, dass die meisten Spitalsärztinnen und -ärzte ihre Arbeit gerne machen. Sie schätzen die Teamarbeit und die täglichen Herausforderungen. Im Gegenzug müssen aber auch die Anerkennung und das Gehalt stimmen. Ein Mindestmaß an Wertschätzung ist nicht zu viel verlangt“, so Ferenci abschließend.

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