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Chiesi: Shared Value als innovatives Unternehmensleitbild

Christian Woergetter
© LUKAS DOSTALI

Chiesi: Shared Value als innovatives Unternehmensleitbild

Christian Woergetter
© LUKAS DOSTALI

Im Zusammenhang mit Pharmakonzernen denkt man nicht zwangsläufig an Gemeinwohl und Nachhaltigkeit. Anders verhält es sich beim italienischen Biopharmakonzern Chiesi, dessen Unternehmensleitung stark auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung setzt. Im Gespräch mit PERISKOP erläutert Österreich-Geschäftsführer Dr. Christian Woergetter, MES die dahinterstehende Philosophie und welche praktischen Auswirkungen diese auf den Betrieb und die Produkte des Unternehmens hat.

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Rainald Edel, MBA

Periskop-Redakteur

Die Chiesi Pharmaceuticals GmbH, eine hundertprozentige Tochter des italienischen Familienunternehmens Chiesi Farmaceutici S.p.A. mit Sitz in Parma, ist seit 2001 in Wien tätig. Die Chiesi-Gruppe, ein internationaler, forschungsorientierter Biopharmakonzern, beschäftigt mehr als 6.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 31 Ländern. Chiesi erforscht, entwickelt und vermarktet innovative Arzneimittel in den Therapiegebieten Atemwegserkrankungen, Seltene Erkrankungen sowie Produkte und Dienstleistungen für den Hospitalbereich und die Pflege zu Hause. Chiesi ist seit 2019 B Corp™ zertifiziert.

PERISKOPB Corp™ ist ein großes Thema bei Chiesi. Was ist die Triebfeder für dieses Engagement, das im Bereich Pharma eher ungewöhnlich ist, und welche Ziele hat sich das Unternehmen gesteckt?

WOERGETTER: Wir sind ein Familienunternehmen, mittlerweile in dritter Generation. Insbesondere der aktuellen Unternehmensleitung, Maria Paola und Alessandro Chiesi, der auch zum neuen Präsidenten gewählt wurde, ist Nachhaltigkeit ein großes Anliegen. Daher führen sie das Unternehmen nach dem „Shared-Value-Ansatz“. Shared Value ist dann erfüllt, wenn soziale Herausforderungen und Business-Themen miteinander adressiert werden und im Einklang stehen. Dadurch wird erreicht, dass Unternehmenserfolg mit sozialem Fortschritt einhergeht. Darüber hinaus ist CO2-Neutralität bis 2035 das große Ziel.

Relevant im Bereich der Pharmaindustrie ist sicher die Produktion, die in unserem Fall zum großen Teil in Parma (Italien) und in Blois (Frankreich) erfolgt. An beiden Standorten wurden Maßnahmen ergriffen, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Aber auch in den Niederlassungen wie zum Beispiel bei uns in Österreich werden entsprechende Maßnahmen gesetzt. Der Umweltgedanke reicht bei Chiesi bis auf die Produktebene, wo wir beispielsweise für unsere Dosieraerosole ein klimafreundlicheres Treibgas entwickeln.

Welche Bedeutung hat die „B Corp Zertifizierung“ und welche Kriterien müssen Unternehmen dafür erfüllen?

B Corp Unternehmen sind Teil einer globalen Bewegung, die für integrative, gerechte und regenerative Wirtschaft stehen. Damit man durch die Non-Profit-Organisation B Lab™ zertifiziert wird, müssen sehr hohe soziale und ökologische Standards erreicht werden. Das ist Chiesi 2019 zum ersten Mal gelungen. Wir wurden im Vorjahr rezertifiziert und arbeiten stetig daran, uns weiter zu verbessern.

Welchen Anteil haben Inhalatoren an der Gesamtmenge der Treibhausgasemissionen?

Chiesi hat einen großen Fokus auf Atemwegserkrankungen. In den Bereichen Asthma und COPD sind wir mit unseren Inhalatoren zum Teil Marktführer – beides Indikationsgebiete, in denen Dosieraerosole zur Anwendung kommen. An sich ist deren Beitrag am Treibhauseffekt mit o,1 Prozent am Gesamt-CO2-Ausstoß verschwindend gering. Um das anschaulicher zu machen: Die Produktion eines Hamburgers hat das 40-fach höhere Global-Warming-Potential als ein Hub von einem Dosieraerosol. Aber unbestritten gibt es einen gewissen CO2-Ausstoß, auf den Chiesi mit zwei unterschiedlichen Ansätzen reagiert hat. So haben wir einen Trockenpulverinhalator auf den Markt gebracht, der keinen CO2-Ausstoß verursacht. Allerdings braucht man dafür ein gewisses Atemzugvolumen, um ihn auslösen zu können. Da dies nicht bei allen Patientinnen und Patienten gegeben ist und wir ihnen eine Wahlmöglichkeit anbieten wollen, hat es sich Chiesi zur Aufgabe gemacht, den klassischen Inhalationsspray umweltfreundlicher zu gestalten. Wir haben dazu in den letzten Jahren intensiv geforscht und 350 Mio. Euro investiert, um ein umweltfreundlicheres Treibgas zu entwickeln. Das soll 2025 auf den Markt kommen und ab 2029 in Europa erhältlich sein.

Welchen Stellenwert messen Patientinnen und Patienten dem Thema Nachhaltigkeit in medizinischen Produkten bei?

Sowohl bei Ärztinnen und Ärzten als auch Patientinnen und Patienten steht der medizinische Nutzen eindeutig über dem Umweltgedanken. Allerdings merken wir, dass der Umweltgedanke zunehmend an Bedeutung gewinnt. Unser Ansporn ist nicht Wohlgefallen zu erzeugen, sondern das Anliegen einen spürbaren Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten.

Ein konkretes Anwendungsgebiet der Dosieraerosole ist die Asthmatherapie. In Deutschland werden gerade die Therapieempfehlungen geändert. Welche neuen Entwicklungen gibt es in der Behandlung und welche Änderungen zeichnen sich auch in Österreich in der Behandlung von Asthma ab?

Österreich wie auch Deutschland folgen in der Behandlung den internationalen Leitlinien zur Asthmatherapie, die durch ein Expertengremium jährlich besprochen werden. Die derzeit gültige Empfehlung in der Asthmatherapie ist, von Beginn an Steroid-haltige Medikamente zu verwenden, weil sie nachgewiesenermaßen nachhaltig die Entzündung reduzieren. Dazu muss man auch sagen, dass wir hier von einer topischen Anwendung sprechen. Das Cortison wirkt in den großen und kleinen Atemwege der Lunge und nicht systemisch. Bei der sogenannten „Releaver-Therapie“ nehmen die Betoffenen die Medikamente nur nach Bedarf und verringern somit ohnehin den Einsatz von Corticosteroiden. In Laienkreisen sind Corticosteroide sehr zu Unrecht verteufelt. Generell ist zu bemerken, dass die Pandemie die Corticosteroide ein wenig rehabilitiert hat, da auf Grund der entzündungshemmenden Eigenschaften vermehrt ICS-basierte Medikamente nachgefragt wurden.

Neben dem Bereich der Atemwegserkrankungen forscht und entwickelt Chiesi auch noch in anderen Indikationsgebieten. Was ist in diesen Bereichen in den nächsten Jahren zu erwarten?

Unser großer Fokus auf Atemwegserkrankungen war sicher einer der Erfolgsfaktoren von Chiesi. Zudem sind wir mittlerweile auch stark im Bereich der Seltenen Erkrankungen vertreten. Um hier nur einige zu nennen, sind es Indikationen wie Cystische Fibrose, Alpha-Mannosidose, Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, Zystinose und Leber´sche hereditäre Optikus-Neuropathie für die wir uns einsetzten. Dieses Jahr kommt noch ein Medikament zur Behandlung von Morbus Fabry auf den Markt. Mitte nächsten Jahres möchten wir für mindestens acht Seltene Erkrankungen Therapie-Optionen auf dem Markt haben.

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