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GEORG-Kongress: OnkoReha interdisziplinär & multiprofessionell 2019

© Peter Provaznik

GEORG-Kongress: OnkoReha interdisziplinär & multiprofessionell 2019

© Peter Provaznik

GEORG-Kongress: OnkoReha interdisziplinär & multiprofessionell 2019 Bereits zum vierten Mal lud die Gesellschaft zur Erforschung onkologisch rehabilitativer Grundlagen (georg) zum Kongress ONKOREHA INTERDISZIPLINÄR & MULTIPROFESSIONELL ein. An die 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus zahlreichen Disziplinen und Professionen, die in die onkologische Rehabilitation eingebunden sind, folgten am 11. Jänner der Einladung in den Van Swieten Saal der MedUni Wien.| Von Ing. Helmut Robitsch und Dr. Nedad Memić

v. l.: Thomas Licht (Onkologische Reha St. Veit im Pongau), Dietmar Geissler (Humanomed Zentrum Althofen), Bruno Mähr (BVA-Therapiezentrum Rosalienhof), Marco Hassler (Onkologische Reha „Der Sonnberg­hof“), Christoph Wiltschke (MedUni Wien/AKH Wien), Richard Crevenna (MedUni Wien/AKH Wien)

Mit einem Vortrag unter dem Titel „Physikalische Modalitäten inklusive Stoßwelle in der onkologischen Rehabilitation“ eröffnete Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, Leiter der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin, MedUni Wien/AKH Wien, den diesjährigen Kongress. In seinem Vortrag ging Crevenna schwerpunktmäßig auf die „Mythen“ in der physikalischen Medizin ein. „Viele Mythen in der physikalischen Medizin, insbesondere bei onkologischen Erkrankungen, sind mit Angst verbunden. In der onkologischen Rehabilitation arbeiten wir interdisziplinär und multiprofessionell. Daher ist das wichtigste Vorgehen gegen vorhandene Mythen, ausreichend wissenschaftliche Studien und Untersuchungen durchzuführen. Besonders wichtig ist dabei, einen Spagat zwischen Empirie und evidenz-basierter Medizin zu schaffen“, betonte Crevenna. „Rehabilitative Maßnahmen sind generell Maßnahmen der Präzisionsmedizin, die hier an der MedUni Wien immer mehr an Bedeutung gewinnt. Damit wir aber einen entscheidenden Fortschritt erzielen, muss man in den betreffenden Disziplinen — insbesondere in der Onkologie und anderen krebsbehandelnden Fächern sowie in der onkologischen Rehabilitation — nach Konsens suchen“, forderte Crevenna in seinem Plädoyer.

Die Patientinnen und Patienten erkranken häufiger an einem Tumor, sie sterben aber nicht schneller daran.

Einige bisher weniger beachtete Aspekte der onkologischen Rehabilitation stellte Prim. Dr. Marco Hassler, ärztlicher Leiter der Onkologischen Rehabilitation „Der Sonnberghof“ in Bad Sauerbrunn, einer Gesundheitseinrichtung der VAMED, vor. „Im Rahmen der onkologischen Rehabilitation interessiert die Sozialversicherung insbesondere der berufliche Wiedereinstieg. Die Wahrscheinlichkeit von Arbeitslosigkeit steigt nach einer Krebserkrankung um fast 40 Prozent an. Zu einer psychisch sehr belastenden Situation kommen also finanzielle Folgen, die die Lebensqualität und eventuell sogar auch die Prognose einschränken“, warnte Hassler.

Kinder-Reha: ein Novum

Die Daten aus verschiedenen Patientenbefragungen vor, während und in zeitlichen Abständen nach der Reha zeigen eindeutig: Rehabilitation wirkt. Als Beispiel wurden positive Effekte auf die psychische Belastung und die subjektive Arbeitsfähigkeit genannt. Dies ist in der Onkologischen Rehabilitation St. Veit im Pongau, einer Gesundheitseinrichtung von VAMED und Salzburger Landeskliniken (SALK), „eine durch die Studie gesicherte Erkenntnis“, so Prim. Univ.-Prof. Dr. Thomas Licht, ärztlicher Leiter des St. Veiter Reha-Zentrums. Einen besonderen Schwerpunkt in seinem Vortrag legte Licht auf die seit Mitte 2018 eingerichtete Kinder- und Jugendlichen-Rehabilitation „Der Leuwaldhof“, die sich auf Kinder mit Krebs- und Stoffwechselerkrankungen spezialisiert. „Unsere Erfahrung aus dem Leuwaldhof zeigt, dass das Reha-Programm individuell und indikationsbezogen auf die jungen Patientinnen und Patienten abgestimmt werden muss. Genauso wichtig sind gemeinsame und individuelle Therapie-Pläne für die Begleitpersonen wie Eltern und Geschwister“, erklärte Licht. Dabei sind Herausforderungen in der Kinder-Reha vielschichtig — so gibt es immer noch keine einheitlichen Konzepte zur Evaluierung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Kindern. Denn es gibt keine Möglichkeit einer „lebenslangen Darstellung“, da die Frage­bögen für Erwachsene oder Kinder unterschiedlichen Alters getrennt entwickelt wurden. „Es mussten also eigene Konzepte der Befragung und Datenauswertung in diesem Bereich entwickelt werden. Wichtig ist vor allem, dass mit dem Leuwaldhof eine Rehabilitationsoption für Kinder und Jugendliche mit Krebs oder Stoffwechselkrankheiten in Österreich existiert“, so Licht. Seinen zweiten Vortrag am Kongress widmete Licht dem Thema Polyneuropathie und Möglichkeiten ihrer Vorbeugung und Behandlung mittels eines regelmäßigen Funktionstrainings.

Systemorientierte Rehabilitation

Wie die systemorientierte Rehabilitation von Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren aus phoniatrischer Sicht gestaltet wird, referierte die Leiterin der Klinischen Abteilung für Phoniatrie-Logopädie am AKH Wien, Univ.-Prof. Dr. Doris-Maria Denk-Linnert. Etwa 6 bis 10 Prozent aller malignen Tumorerkrankungen betreffen Kopf-Hals-Karzi­nome, davon tritt das Larynxkarzinom am häufigsten auf. „Um der Problematik der Erkrankungen, ihrer Therapien und der Rehabilitation gerecht zu werden, muss ein multiprofessionelles Team agieren. Es ist unsere Priorität, den Patientinnen und Patienten im Rahmen der Rehabilitation wirksame evidenzbasierte therapeutische Konzepte anzubieten“, so Denk-Linnert. In ihrem Vortrag fokussierte sie sich auf die prognostischen Faktoren der Schlucktherapie. „Je früher man mit einer funktionellen logopädischen Schlucktherapie beginnt, desto besser ist die Chance auf Erfolg. Ein weiterer wichtiger funktioneller Aspekt nach Therapie von Kopf-Hals-Tumoren ist die Stimme als Ausdruck der Persönlichkeit. Hier hat sich gezeigt, dass in der onkologischen Rehabilitation die Stimme gerade für die psychische Befindlichkeit eine große Rolle spielt. Deshalb ist es wichtig, den Patientinnen und Patienten auch eine Stimmrehabilitation anzubieten“, erklärte Denk-Linnert.

Prim. Dr. Bruno Mähr, MSc, ärztlicher Leiter des BVA-Therapiezentrums Rosalienhof in Bad Tatzmannsdorf, erklärte die dortigen Therapieziele. „Das überwiegende Thema ist die Krankheitsverarbeitung, eine Verminderung der depressiven Symptomatik und Angst sowie eine Rückgewinnung von Lebensfreude. Die Hälfte unserer Patientinnen und Patienten im arbeitsfähigen Alter haben den Wiedereinstieg in den Beruf als Ziel genannt“, so Mähr.

Die Rehabilitation in Bad Tatzmannsdorf hat sich im letzten Jahr die Rehabilitation bei palliativen Patientinnen und Patienten zum Schwerpunkt gesetzt. „Palliative Patientinnen und Patienten haben einen höheren Bedarf an Therapien. Deshalb haben wir für sie ein flexibles Therapieangebot als Pilotprojekt entwickelt. Das Angebot enthält mehr Einzeltherapien und einen individuellen Zugang. An diesem Therapieangebot nahmen rund 700 neue Patientinnen und Patienten, die im Durchschnitt 65 Jahre alt waren, teil“, so Mähr.

Zahlreiche Funktions- und Symptom-Scores verbesserten sich in allen Tumorentitäten, so zum Beispiel Steigerung der Leistungsfähigkeit, Schmerzreduktion, Minderung von Schluckstörungen, Gewichtszunahme und Verbesserung des Körperbilds bei Patientinnen und Patienten mit HNO-Tumoren.

Bedarf an OnkoReha steigt

A. o. Univ.-Prof. Dr. Christoph Wiltschke von der Klinischen Abteilung für Onkologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien/AKH Wien referierte über die Geschichte der Rehabilitation und die Meilensteine der Onko-Rehabilitation bis heute. „Wurde früher wegen der schlechten Prognose keine onkologische Rehabilitation in Betracht gezogen, sieht die Situation heute anders aus. Die Patientinnen und Patienten erkranken zwar häufiger an einem Tumor, sie sterben aber nicht schneller daran“, so Wiltschke. „In Österreich sind für onkologische Reha genug Plätze vorhanden. Das Sozialversicherungssystem sorgt auch dafür, dass solche Reha-Angebote nicht vom persönlichen Einkommen abhängig sind. Ein ganz wichtiger Meilenstein in diesem Bereich ist, dass die onkologische Reha nunmehr Teil des Medizinstudiums ist. Die onkologische Rehabilitation verbessert generell die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten. Dazu gibt es genügend wissenschaftliche Evidenz. Für die Zukunft brauchen wir eine viel bessere Aufgabenstellung der onkologischen Rehabilitation in Österreich sowie bessere Evaluierungssysteme und eine effizientere Kooperation zwischen den Behandlungszentren und den Rehabilitationszentren“, stellte Wiltschke fest.

Über die Highlights der onkologischen Reha­bilitation im PVA-Rehabilitationszentrum Bad Schallerbach sprach dessen ärztlicher Leiter, Prim. Dr. Reinhard Ziebermayr, MBA. Aus Sicht der Pensionsversicherung ist eine der Schlüsselfragen bei der Rehabilitation die Sicherstellung der Nachhaltigkeit der ergriffenen rehabilitativen Maßnahmen. Wie kann es gelingen, das Erlernte aus der Reha in den Alltag dauerhaft mitzunehmen und weiter zu nutzen? Dazu wurde ein Pilotprojekt der PVA mit Brustkrebspatientinnen in Oberösterreich und der Steiermark mittels eines integrierten Behandlungsprozesses initiiert. Nach der stationären Reha erfolgt eine nahtlose Weiterbetreuung in Form einer berufsbegleitenden ambulanten Reha. Die ersten Ergebnisse dieses Pilotprojektes in Bezug auf Patientenadhärenz und Nachhaltigkeit stimmen Ziebermayr sehr optimistisch, dass durch ein derartiges Vorgehen eine langfristige Integration eines gesundheitsfördernden Verhaltens in den Alltag der Patientinnen möglich ist. Ein weiteres innovatives Projekt der Pensionsversicherungsanstalt ist die Verknüpfung von medizinischer und beruflicher Rehabilitation mittels RehaJET®. „Der RehaJET® bietet im ersten Schritt Beratung und Schulung in sozialrechtlichen, psychologischen, diätologischen und sportwissenschaftlichen Fragen in Bezug auf die persönliche berufliche Situation der Versicherten. Die Zahlen zeigen klar: Die Motivation zur Rückkehr ins Arbeitsleben nach der Reha ist groß“, so Prim. Dr. Reinhard Ziebermayr.


Mit freundlicher Unterstützung


Der nächste GEORG-Kongress findet am 10. Jänner 2020 statt!

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