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Innovationen stärken Wirtschaft und Gesundheitsversorgung

© Peter Provaznik

Innovationen stärken Wirtschaft und Gesundheitsversorgung

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Innovationen stärken Wirtschaft und Gesundheitsversorgung Dr. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, möchte Österreich zu einer digitalen Leading Nation machen, durch Digitalisierung das Leben der Bürgerinnen und Bürger vereinfachen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen stärken. Für österreichische Start-ups sieht sie vor allem im starken Life-Science-Bereich große Chancen. | Von Mag. Petra Hafner

Im PERISKOP-Interview gibt die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Dr. Margarete Schramböck, Einblicke in ihre Vorhaben, Strategien für den Wirtschaftsstandort Österreich und Innovationen im Bereich Digitalisierung, Pharma und Medizintechnik. 

PERISKOP: Österreich soll zu den weltweit besten digitalen Nationen zählen. Wie wollen Sie unser Land von einem Follower in Sachen Digitalisierung zu einer Leading Nation machen? 

SCHRAMBÖCK: Wir wollen von den Besten lernen. Wir orientieren uns dabei an den innovativsten Nationen der Welt. Aus diesem Grund war ich vor Kurzem in Israel. Mit Digital Austria haben wir erstmals ein Dach für die Digitalisierungsvorhaben in Österreich geschaffen. Wir wollen die bestehenden Leistungen sichtbar machen und Best-Practice-Modelle aufzeigen, im Ausland bei Investoren und künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Digitalstandort Österreich werben und eine Vernetzung des Know-hows in Österreich schaffen. Ziel ist, dass das Leben der Bürgerinnen und Bürger durch Digitalisierung einfacher wird und die Unternehmen wettbewerbsfähiger werden. Das ist kein Selbstzweck, denn so sichern wir die Lebensqualität und schaffen neue Arbeitsplätze in Österreich. Dies gelingt uns, indem Bund, Länder und Gemeinden zusammen an einem Strang ziehen. 

Welche Länder sind Vorbilder für Sie und wieweit setzen Sie auf Kooperationen mit anderen führenden Ländern? 

Österreich hat das Zeug, sich als führende europäische Drehscheibe für digitale Innovationen zu etablieren. Unser klares Ziel ist, zu den Digital 10 — also den zehn innovativsten Nationen — aufzuschließen. Estland und die Schweiz sind hier unter anderem Vorbildnationen.

Die Bundesregierung hat das Jahr 2019 zum Jahr der Digitalisierung erklärt. Was sind hierbei Ihre Schwerpunkte? 

Wir orientieren uns an dem Dreiklang aus Gesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft. Für die Menschen wird es einfacher werden, Amtswege zu erledigen, sei dies nun die Beantragung einer Wahlkarte für die EU-Wahlen im Mai, die Meldung einer neuen Wohnadresse oder die Geburt eines Kindes. Auch die Unternehmerinnen und Unternehmer werden bemerken, dass ihre Angelegenheiten schneller und effizienter erledigt werden. Nur ein Beispiel: Die Unternehmen melden der öffentlichen Hand jedes Jahr 230 Mio. Informationen aufgrund von Verpflichtungen. Für Wirtschaft und Verwaltung entstehen so Kosten von 4,3 Mrd. Euro jährlich. Diese Informationen sind jedoch großteils bereits vorhanden, oft sogar digital, nur nicht zentral erfasst, sondern auf Gebietskörperschaften und Ämter verteilt. So liegt die Meldung eines Autos bereits bei der Kfz-Meldestelle, bei der Entrichtung der Kfz-Steuer muss das Unternehmen trotzdem wieder alle Informationen an das Finanzamt einreichen. Die Unternehmen kritisieren hier zu Recht ein Zuviel an Bürokratie. Zudem haben wir den Reformprozess „Digitales Amt“ gestartet. Bis zum Ende des Jahres wird in einem Bund-Länder-Gemeinde-Dialog ein Rechtsrahmen entwickelt, um die digitalen Behördengänge auch legistisch umsetzen zu können. 

Der Life-Science-Sektor hat sich in Österreich sehr positiv entwickelt und spielt für den Wirtschaftsstandort eine Schlüsselrolle. Wie wollen Sie diesen Sektor weiter forcieren? 

Der Umsatz des Life-Science-Sektors ist auf ein Rekordniveau von über 22 Mrd. Euro gestiegen. Die Förderungen des AWS, Austria Wirtschaftsservice, sind beispielsweise für Förderungen im Life-Science-Bereich auschlaggebend. Auch die FTI 2020 Strategie spielt eine entscheidende Rolle sowie die ausgearbeitete „Zukunftsstrategie Life Sciences und Pharmastandort Österreich“. Die Gesundheitsvorsorge ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Daher ist die Forcierung dieses Sektors essenziell.

Wie wollen Sie Österreich als Standort für Pharmafirmen weiter attraktivieren? 

Neben der Forschungsprämie, die nach wie vor und insbesondere in dieser forschungsintensiven Branche höchst attraktiv ist, zeichnet sich Österreich als Pharmastandort besonders durch das hohe Potenzial an akademischen Forschungs- und Fachkräften aus. Daraus hat sich auch eine lebendige Start-up-Community entwickelt, deren Weiterentwicklung wir durch LISA Seedfinancing und andere Programmteile von LISA — Life Sciences Austria — wie z.B. dem Businessplanwettbewerb „Best of Biotech“, kräftig stützen. Dadurch ergeben sich ausgezeichnete Kooperationsmöglichkeiten von Wissenschaft und Industrie, die wir durch das Programm COMET bzw. die Christian Doppler Forschungsgesellschaft fördern. Dass sich selbst die Branchenriesen wie beispielsweise Boehringer Ingelheim und Novartis/Sandoz in Österreich wohl fühlen, sieht man an deren Investitionen in den Standort. Zudem werden sich im März die österreichischen Unternehmen gemeinsam unter der Dachmarke LISA auf der BioEurope Spring präsentieren, bei der die gesamte europäische Pharmaszene zu Gast in Wien sein wird. 

Life Science hat sich in den letzten Jahren zu einem Innovationstreiber entwickelt. Es gibt nahezu einen Boom bei E-Health und Telemedizin. Welche Auswirkungen haben die Innovationen? 

Life Sciences und vor allem die Biotechnologie boomen bereits seit den 90er Jahren, und das wird auch so bleiben. Was sich tatsächlich erst in den letzten Jahren überproportional weiterentwickelt hat, ist die Medizintechnik und hier vor allem durch digitale Anwendungen. Diese erfreuliche Entwicklung merken wir nicht nur in den wirtschaftlichen Statistiken, sondern auch in der zunehmenden Nachfrage in unserem Seedfinancing Gründerprogramm. Wir denken auch, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Wichtig für den Life-Science-Sektor und auch den Standort ist allerdings, die Arzneimittelentwicklung sowie digitale Anwendungen gleichermaßen zu fördern und wettbewerblich die besten Projekte auszuwählen. 

Biotech, Pharma und Medizintechnik sind für die Gesundheitsversorgung ausschlaggebend. Wie stark wirken sich die Innovationen aus? 

Die Innovationen unserer Unternehmen wirken sich nicht nur positiv auf die Gesundheitsversorgung aus, sondern auch sehr stark auf die Wirtschaft. Beides kann durch zahlreiche Erfolgsgeschichten belegt werden, wie etwa die innovativen Therapien gegen Atemwegs- und Augenerkrankungen von Marinomed mit dem Börsengang 2019 oder das digitale Diabetes Management von mySugr, wo der Deal mit Roche 2017 stattgefunden hat. Den gesundheitlichen Aspekt kann man nur auf globaler Ebene betrachten, aber für den wirtschaftlichen Impact haben wir auch Werte der österreichischen Volkswirtschaft. Im gesamten Life-Science-Sektor kam es in den letzten drei Jahren zu Steigerungen um 11 Prozent bei der Anzahl der Unternehmen — wir haben derzeit 917 Firmen — die Zahl der Beschäftigten ist um 7,4 Prozent auf derzeit 55.000 gestiegen und der Umsatz um 17,2 Prozent, so dass er derzeit über 22 Mrd. Euro liegt. 

Pflegeberufe sind körperlich sehr anspruchsvoll. Wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen — werden sich Pflegeassistenz-Systeme etablieren? Inwieweit werden österreichische Start-ups und Unternehmen, die in diesem Bereich forschen, unterstützt? 

Gerade im Pflegebereich ist die Digitalisierung eine Chance für Erleichterung. Beispielsweise gibt es das ExoSkelett, das von Gregor Demblin und seiner Firma nach Österreich gebracht wurde. Dabei wird durch Technologie die Lebensqualität für gelähmte Personen erhöht. Was wir heute schon sagen können, ist, dass die Digitalisierung Raum für neue und soziale Berufe schaffen wird. Es gibt Bereiche, wo Menschen lieber auf die Sensibilität und Fähigkeiten von Personen setzen. Das bietet natürlich auch für österreichische Start-ups große Chancen, vor allem durch unseren starken Life-Science-Bereich gibt es entsprechende Anknüpfungspunkte. 

Das Gesundheitswesen setzt immer mehr auf Digitalisierung. Wichtige Rahmenbedingungen dafür sind auch der Breitbandausbau, vor allem in den ländlichen Regionen. Wie ist hier der aktuelle Stand? 

Innovative Dienste und Anwendungen machen die Potenziale von 5G für Wirtschaft und Gesellschaft und somit auch im Gesundheitswesen nutzbar, dabei soll Österreich eine führende 5G-Nation in Europa werden. In der ersten Phase werden erste vorkommerzielle 5G-Teststellungen umgesetzt. In der zweiten Phase soll bis Ende 2020 das Zwischenziel einer nahezu flächendeckenden Verfügbarkeit ultraschneller Breitbandanschlüsse mit 100 Mbit/s verwirklicht werden. Dadurch wird die Grundlage für einen flächendeckenden Ausbau von 5G geschaffen. Gleichzeitig soll auch die Markteinführung von 5G in allen Landeshauptstädten erfolgen. Bis Ende 2023 — Phase 3 — sollen 5G-Dienste auf den Hauptverkehrsverbindungen nutzbar sein und bis Ende 2025 soll das Ziel einer nahezu flächendeckenden Verfügbarkeit von 5G verwirklicht werden. 

In Österreich kommt es mit ELGA, Digitalem Impfpass oder der Einführung der E-Medikation zu innovativen Veränderungen. Wie kann die Skepsis gegenüber diesen digitalen Anwendungen abgebaut werden? 

Geplante und bereits im Einsatz befindliche nationale und internationale Maßnahmen wie Cyberangriff-Planspiele oder das Netz- und Informationssicherheitsgesetz — NISG —schaffen die Voraussetzungen für die Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen. Wir müssen aber auch — neben entsprechenden technischen Schutzmaßnahmen — an die Selbstverantwortung und Achtsamkeit der Nutzerinnen und Nutzer im Netz appellieren und zusätzlich durch entsprechende digitale Bildungsmaßnahmen, wie wir dies mit der Initiative fit4internet bezwecken, aufklären und unterstützen. Zusätzlich ist es notwendig, permanent auf die Gefahren und Sicherheitslücken, die sich im Netz immer wieder auftun, hinzuweisen. 

Bei sensiblen Daten wie z.B. im Gesundheitsbereich ist ein sorgfältiger Umgang unumstößlich. Wie wollen Sie das Bewusstsein für digitale Sicherheit in der Bevölkerung erhöhen?

Beim Datenschutz ist es wichtig abzuwägen. Es muss einerseits ausreichend determinierte Schutzregelungen in dem wichtigen Grundrechtsbereich geben, andererseits aber auch zukunftssichere Regelungen, die legitime Business-Modelle nicht behindern bzw. die europäische Industrie im globalen Umfeld nicht benachteiligen. Da möchte ich auf ein sehr wichtiges Hilfsinstrument verweisen, das IKT-Sicherheitsportal — onlinesicherheit.gv.at. Durch einen Schulterschluss von Verwaltung und Wirtschaft mit insgesamt 40 Kooperationspartnern wurde 2013 ein zentrales Internetportal geschaffen, das sich ausschließlich mit Themen rund um die Sicherheit in der digitalen Welt beschäftigt und in dieser Form auch einzigartig ist. 

© Peter Provaznik

Mit JUNIORMED wird in Österreich erstmals ein Kompendium für Kinder und Jugendliche erstellt, das auch von Ihrem Ressort unterstützt wird. Wie ist das BMDW in dieses interdisziplinäre Projekt involviert? 

Wir sind froh, einen entscheidenden Beitrag zu diesem Projekt geleistet zu haben. Juniormed ist ein Projekt mit Zukunftsorientierung und wird der nächsten Generation zu Gute kommen. Das Projekt ist während der Erstellung der Life-Sciences-Strategie entstanden, in der Interdisziplinarität und Kooperation im Vordergrund standen. Die Unterstützung solcher Projekte durch das BMDW ist aber auch Teil unserer strategischen Förderungen von Stakeholdern in den Schlüsseltechnologien. Das Kompendium ist ein schöner Beweis für den Erfolg interdisziplinärer Zusammenarbeit, die ganz typisch für das Wirken der Life Sciences, für die ich als Forschungsministerin im BMDW zuständig bin, ist. Und als Bundesministerin für Digitalisierung freue ich mich natürlich auch darüber, dass der Arzneimittelkatalog ebenso digital zur Verfügung stehen wird und die Daten online aufrufbar sind. 

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wie digital sind Sie als Bundesministerin für Digitales? 

Das Smartphone ist mein ständiger Begleiter. Und auch die digitalen Plattformen, im Speziellen Instagram und Facebook, sind Teil des Lebens und daher völlig selbstverständlich für mich geworden. Alles in allem versuche ich aber, mir immer wieder digitale Auszeiten zu gönnen.


Margarete Schramböck | BioBox 

Dr. Margarete Schramböck, geboren am 12. Mai 1970 in St. Johann in Tirol, promovierte an der Wirtschaftsuniversität Wien, die sie 2017 zur WU-Managerin des Jahres machte. Schramböck war in Führungsfunktionen bei Alcatel, NextiraOne und Dimension Data Austria tätig. Im Mai 2016 übernahm sie die Leitung der A1 Telekom Austria. Seit Dezember 2017 ist sie Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.

 

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