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Intersektoral vernetzte Versorgung

Philips

Intersektoral vernetzte Versorgung

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Seit Jänner 2022 verstärkt Eckhard „Ecky“ Oesterhoff den Gesundheitstechnologiekonzern Philips im DACH-Markt und bringt seine tiefe Expertise im Bereich digitaler Gesundheitslösungen ein. Oesterhoff ist seit vielen Jahren in der deutschen Krankenhauslandschaft verwurzelt und ein bundesweit anerkannter Fachmann in den Bereichen der Digitalisierung und der klinischen Healthcare-IT. PERISKOP sprach mit dem Experten über Digitalisierungsperspektiven und strategische Partnerschaften, die Philips Krankenanstalten anbietet.

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Rainald Edel, MBA

Periskop-Redakteur

Bei Philips treibt Ecky Oesterhoff im DACH-Raum – und insbesondere am deutschen Markt – die im Zusammenhang mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) relevanten Themen, Produkte und Lösungen voran. In seiner Funktion als Strategic Digital Solution Leader DACH berichtet er an Dr. Uwe Heckert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Philips GmbH und verantwortlich für die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Sie sind Strategic Digital Solution Leader für Philips in der DACH-Region. Was bedeutet das, was sind Ihre Aufgaben und welche strategischen Ziele wollen Sie erreichen?

Philips hat in den letzten Jahren viel Geld in den Zukauf von Systemen investiert – wie etwa in „Forcare“, einen globalen Player in der Interoperabilität, „VitalHealth“, das bei uns unter „Engage“ firmiert, oder in das System „Capsul“, das Daten von Geräten und Menschen im Krankenhaus erfasst. Im Rahmen der IT-Strategie von Philips in Deutschland, Österreich und der Schweiz gehört es nun zu meinen Aufgaben, diese Systeme mit unseren Funktionen, hauptsächlich auf dem Gerätesektor, so zu verknüpfen, dass ein gemeinsamer Mehrwert und optimale Prozesse für unsere Anwenderinnen und Anwender entstehen. Es gilt, diese bislang singulären Technologien gemeinsam zu denken und interoperabel zu gestalten. Gemeinsam mit den Bild- und Signaldaten unserer Krankenhausanwendungen ergeben sie ein Gesamtsystem. Allerdings ist dieses von Haus zu Haus unterschiedlich. Das AKH Wien braucht beispielsweise einen anderen strategischen Zuschnitt dieser Systeme als eine Einrichtung der Grund- und Regelversorgung in der Peripherie.

Mit dem Ziel, ganzheitliche Lösungen entlang der kompletten Versorgungskette anzubieten, hat sich Philips zu einem global führenden digitalen Gesundheitsunternehmen entwickelt. Steht dieser Ansatz noch immer im Zentrum der Arbeit des Unternehmens?

Vor einigen Jahren hat sich Philips als Handlungsmaxime den sogenannten “Quadruple Aim” gesetzt: Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit, Ergebnisqualität und Wirtschaftlichkeit. Diese sind nach wie vor richtungsweisend für die Lösungen von Philips. Diese vier Dimensionen stehen aber nicht allein da, sondern sind verschränkt und haben gegenseitige Wechselwirkungen. Die Besonderheit, der USP von Philips ist die langjährige Erfahrung mit bildgebenden Verfahren. Darüber hinaus besteht großes Know-How in der Erfassung und Dokumentation von Vitaldaten, beispielsweise auf Intensivstationen. Auch wenn Philips in der Vergangenheit nicht unbedingt für IT-Technologien stand, sondern seine Stärke eher im Gerätewissen hatte, hat es hier mittlerweile rasant aufgeholt und sein Portfolio entsprechend ausgebaut. In seinem jüngsten Entwicklungsschritt hat Philips nun begonnen, diese Daten interoperabel zu machen und für jenen Personenkreis außerhalb der Station nutzbar zu machen, der diese ebenfalls zur Behandlung benötigt. Wobei nicht an der sprichwörtlichen Krankenhausmauer Schluss ist, sondern die Daten den Patientinnen und Patienten in den ambulanten Sektor folgen. Auch diesen wollen wir künftig mittels IT stärker einbinden.

Philips versteht sich als starker strategischer Partner für Gesundheitssysteme. Wie äußert sich das?

Ein „Smart Hospital“ zeichnet sich durch die Verbindung von Geräten und Prozessen aus. Viele Krankenhäuser im DACH-Raum sind zwar innerhalb der einzelnen Fachabteilungen.

Digitalisierung ist immer dann erfolgreich, wenn die Menschen, die damit umgehen müssen, davon begeistert sind.

sehr gut digitalisiert, aber es besteht meist ein Problem aber es besteht meist ein Problem bei den Datenflüssen zwischen den Stationen. Für uns als Dienstleister bedeutet das, dass wir bei der Beratung eines Krankenhauses nie ausschließlich IT-Lösungen oder nur Geräte anbieten. Unser Anspruch ist es,
von der Bestandsaufnahme weg immer beide Aspekte zu berücksichtigen und so Gerätemedizin mit Prozess- und klinischer Datenunterstützung zu verbinden.

Ein „Smart Hospital“ zeichnet sich durch die Verbindung von Geräten und Prozessen aus.

Strategische Partnerschaften – wie bauen Sie diese auf? 

Wir verfolgen in der Beratung einen holistischen Ansatz. Es geht dabei nicht nur darum, Geräte oder Software zu implementieren. Unser Ziel ist die Prozessunterstützung – von der Aufgabe bis hin zur Umsetzung. Das Endergebnis muss dann sichtbar sein, spürbare Entlastung bieten und schlussendlich auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Krankenhaus akzeptiert werden. Dazu analysieren wir, wie das Krankenhaus aufgebaut ist und ob bzw. welche Medizin- sowie Digitalstrategie vorhanden ist. Unsere Beratungskompetenz umfasst aber auch Finanzierungskonzepte und die Begleitung von Bauleistungen.

Was sind aktuell die wichtigsten Bereiche, Angebote und Lösungen, mit denen Sie durch die Möglichkeiten der Digitalisierung und der Integration von intelligenten Systemen einen Mehrwert für Krankenanstalten sowie Patientinnen und Patienten schaffen wollen?

Die Schwerpunkte liegen vor allem in den Bereichen Patienten-Onboarding und Interoperabilität. Bei elektiven Eingriffen werden die Patientinnen und Patienten im Normalfall morgens nüchtern ins Krankenhaus einbestellt, verbringen ihre Zeit im Wartebereich, bis sie endlich gegen Mittag die Aufnahmeprozedur hinter sich gebracht haben. Mehr geschieht an diesem Tag meist nicht. Das ist ein hoch frustrierender Prozess, der nicht zur Patientenzufriedenheit beiträgt. Mit Hilfe unseres Patientenportals „Philips Engage“ können wir den Onboarding-Prozess von Patientinnen und Patienten vor der eigentlichen Hospitalisierungsperiode beginnen lassen. Formalitäten wie Kostform, Privatzimmer, Aufklärung über den geplanten Eingriff, Sammlung der Vorbefunde inklusive einer Verknüpfung mit den digitalen Inhalten aus der ELGA können mit Hilfe des Portals schon von zu Hause aus abgewickelt werden. Und hier zeigt sich die Wirkung der zuvor erwähnten „Quadruple Aim“. Denn der Aufnahmeprozess wird von den Betroffenen als angenehmer empfunden, die Qualität erhöht sich, da die Erstanamnese viel schneller geht. Ein weiterer Vorteil ist, dass so Aspekte aufscheinen können, die nicht auffallen würden, wenn die Patientin, der Patient erst am Aufnahmetag erscheint. Außerdem begleitet das Portal die Patientin, den Patienten bei den Terminen im Verlauf des Krankenhausaufenthalts.

Der zweite große Bereich ist die Interoperabilität – ein Megathema. Das größte Problem in deutschen Krankenhäusern ist, dass die unterschiedlichen Systeme und Daten nicht miteinander kommunizieren können. Um das zu schaffen, muss man die Daten zuerst normalisieren – erst dann ist Interoperabilität möglich. Dabei ist zwischen der technischen – d.h. wie kommunizieren Geräte auf technischer Basis – und der semantischen Interoperabilität – d.h. welche Inhalte vermitteln sie in welcher (Programmier)Sprache – zu unterscheiden. Da dies händisch und mittels Absprachen aufgrund der Datenmenge nicht zu bewältigen wäre braucht es technische Lösungen wie die Interoperabilitätsplattform von Philips.


Wie geht man in der Praxis mit den unterschiedlichen Parametern und Referenzwerten von Laboren um?


Wenn beispielsweise bei einem Blutbild ein Kaliumwert gemessen wird, bezeichnet ihn der eine Report als KAL. Allerdings könnte es in der nächsten Abteilung üblich sein, Kalium als CAL abzukürzen. Jetzt könnten sie Vereinbarungen treffen, dass der Wert von beiden Abteilungen gleich interpretiert wird. Wenn das aber noch mehr Stationen betrifft, wird es komplex. Was die Interoperabilitätsplattform in solchen Fällen macht: Sie schaut sich die Datenhändler an, setzt sich als „man in the middle“ dazwischen und harmonisiert bzw. bereinigt die Daten nach internationalen Standards. Wenn dann ein neues System dazukommt, das auch nach internationalen Standards agiert, muss es nur mehr angekoppelt werden. Für Systeme, die sich nicht daran orientieren, wird einmalig eine Vereinbarung getroffen, die dann für alle nachfolgenden gilt.

Wir brauchen daher in Europa einen Datenschutz mit Augenmaß, der Forschung ermöglicht und dennoch die nötige Privatsphäre gewährleistet.

Zwar gelten in der gesamten EU die Vorgaben der DSGVO, allerdings gibt es differierende Ausgestaltungen. Welche Position nimmt Philips in dieser Thematik ein? 


Datenschutz ist ein absolut wichtiges Thema. Allerdings sehen wir in Europa sehr unterschiedliche Interpretationen des Datenschutzes – das ist zuweilen sogar ein Hemmschuh, der zulasten der Patientinnen und Patienten geht. So gibt es beispielsweise in Finnland keine Opt-out-Option aus der elektronischen Patientenakte. Der Grund: Nach finnischer Auffassung profitiert die Bevölkerung von den Erkenntnissen, die die Forschung aus anonymisierten Gesundheitsdaten gewinnen kann. Das konträre Beispiel wäre Deutschland, das ein starkes Opt-in vertritt. Die Folge: Patientinnen und Patienten haben es in der Praxis schwer, an ihre eigene elektronische Patientenakte, EPA, zu gelangen – obwohl darauf sogar seit Beginn dieses Jahres ein Rechtsanspruch besteht. Dabei würden gerade chronisch kranke Menschen von der EPA profitieren. Wir brauchen daher in Europa einen Datenschutz mit Augenmaß, der Forschung ermöglicht und dennoch die nötige Privatsphäre gewährleistet.


Welche Schritte braucht es aus Sicht von Philips für eine nachhaltige Digitalisierung im Gesundheitswesen?

Digitalisierung ist immer dann erfolgreich, wenn die Menschen, die damit umgehen müssen, davon begeistert sind. Oft werden Digitalisierung und Elektrifizierung verwechselt. Es reicht nicht, aus einem Papierformular ein vom Computer lesbares Dokument zu machen. Digitalisierung ist die Neubewertung von Prozessen. Digitalisierung ist kein passiver Prozess – man muss sich aktiv dabei einbringen. Daher ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass die IT-Abteilung eines Krankenhauses das Krankenhaus digitalisieren wird – das funktioniert nicht. Die Digitalisierung treiben müssen die großen Berufsgruppen in Krankenhäusern – Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeutinnen und Therapeuten. Diese müssen sagen, welche Prozesse sie anders bewertet haben wollen – die IT ist dann Dienstleister oder Enabler, um das umzusetzen. Zudem muss der Prozess der Digitalisierung von der Geschäftsführung verstanden und getrieben werden.

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