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Chancen für neue Therapiemöglichkeiten bei seltenen Erkrankungen mittels Drug Repurposing

Chancen für neue Therapiemöglichkeiten bei seltenen Erkrankungen mittels Drug Repurposing

360°Blick

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Claas Röhl

Mitglied des Vorstands Pro Rare Austria

In Europa leben etwa 30 Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung. Nur für etwa 6 Prozent der seltenen Erkrankungen sind zugelassene Therapien verfügbar. Der Arzneimittelentwicklungsprozess ist langwierig (im Schnitt 12-15 Jahre) und kostspielig (mehr als zwei Milliarden Euro pro Medikament), denn nur wenige Wirkstoffe, die in klinischen Studien erprobt werden, erfüllen die Erwartungen und halten den strengen Prüfkriterien auch stand. Nur jene Medikamente, die sowohl wirksam als auch sicher genug sind, erhalten eine Marktzulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde (EMA). In der Europäischen Union (EU) sind an die 200 Medikamente zur Behandlung von seltenen Erkrankungen zugelassen. Im Jahr 2021 kam es zu 19 neuen Zulassungen.

Es braucht neue Ansätze, um Innovationen für seltene Erkrankungen zu beschleunigen, sonst wird es bei dem derzeitigen Tempo hunderte Jahre dauern, bis alle Menschen mit seltenen Erkrankungen eine Therapiemöglichkeit vorfinden. Ein solcher Ansatz ist das Drug Repurposing. Hier wird untersucht, ob ein bereits zugelassenes Medikament auch für eine andere Indikation sicher und wirksam ist. Der große Vorteil dabei ist, dass ausreichend Daten zum Sicherheitsprofil und zum klinischen Einsatz vorhanden sind, und auch der Produktionsprozess etabliert ist. Präklinische Studien und klinische Phase-1-Studien müssen nicht wiederholt werden. Forscherinnen und Forscher können direkt mit Phase-2-Studien beginnen, wo ein Proof of Principle das Ziel ist, also der Nachweis, ob ein Medikament wirksam ist. Potentiell kann dadurch ein Medikament deutlich schneller (7-9 Jahre Zeitersparnis), günstiger (bis zu 50 Prozent Kosteneinsparung) und mit weniger Risiko für eine neue Indikation entwickelt und zugelassen werden.

Ein weiterer Vorteil in Hinblick auf seltene Erkrankungen ist, dass weniger Studienteilnehmende für klinische Studien benötigt werden. Die Mehrheit der Studien zu Drug Repurposing passieren im akademischen Feld. Der Zugang zu den Rohdaten der Erstzulassung (pharmakokinetische, pharmakodynamische und toxikologische Daten) ist eine zwingende Voraussetzung. Diese Daten gehören jedoch dem Unternehmen, das Patentinhaber ist. Fehlender Zugang zu diesen Daten kann eine große Hürde darstellen. Ende 2021 haben die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) und die HMA (Heads of Medicines Agencies) ein Pilotprojekt zur Förderung von Programmen zu Drug Repurposing gestartet, das darauf abzielt, Non Profit Organisationen und akademische Institutionen dabei zu unterstützen, ausreichende Evidenz zu generieren, um eine Zulassung einer neuen Indikation zu ermöglichen.

Weitere Informationen zu diesem Pilotprojekt gibt es hier: https://www.ema.europa.eu/en/documents/other/question-answers-repurposing-pilot-project-proposal-framework-support-not-profit-organisations_en.pdf

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