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Dem Virus dicht auf den Fersen

Biomedizinerin Anna Edermayr

Dem Virus dicht auf den Fersen

Biomedizinerin Anna Edermayr

Die Lifebrain Group zählt zu den führenden Laborunternehmen Europas. Mit internationaler Erfahrung und High-Level-Testkapazitäten haben ihre PCR-Tests in den eigenen vier Wänden Einzug gehalten — smart, sicher und hochkomplex. Allein im Zuge von „Alles gurgelt!“ wurden bis dato über vier Millionen Proben ausgewertet. PERISKOP hat das größte Covid-19-Testlabor Österreichs im Otto-Wagner-Areal besucht. | von Mag. Julia Wolkerstorfer

Als einer der größten Anbieter in Italien, mit einem Netzwerk verteilt auf über 350 Standorte und mehr als 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zählt die Lifebrain Group zu den größten Laborunternehmen für klinische Labordiagnostik. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Hämatologie, Immunchemie, klinische Chemie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zytologie, Pathologie, Genetik und nun auch COVID-19-Testung. In Österreich fokussieren sich die Angebote auf diverse Diagnostik von Corona. Im Dezember 2020 hat das PCR-COVID-19-Labor der Lifebrain Group seine Pforten aufgrund der sich stark ausbreitenden Pandemie im 24-Stunden-Betrieb in Wien geöffnet.

PERISKOP hat dem Management Team einen Besuch auf der Baumgartner Höhe abgestattet, um einen Einblick in hochautomatisierte Robotik-Systeme und ausgeklügelte Analyseprozesse zu gewinnen. Im Areal des Otto-Wagner-Spitals, das auf eine bewegte Geschichte zurückblickt, befindet sich heute die Klinik Penzing. Ab 2025 will dort die Central European University dem Campus auf der Baumgartner Höhe neues Leben einhauchen. Infolge der Coronapandemie gibt es nun eine weitere wichtige Institution am Gelände, die binnen kürzester Zeit entstanden ist: Das Lifebrain Labor.

International aufgestellte Teams realisieren dort komplexe molekularbiologische Untersuchungen von COVID-19-Proben. Lifebrain-Gründer und CEO Univ.-Prof. Dr. Michael Havel zieht eine stolze Zwischenbilanz über das 10.000 Quadratmeter große PCR-Labor, in dem aktuell 400.000 Testungen pro 24 Stunden durchgeführt werden, der Ausbau auf 500.000 Tests pro Tag liegt in der Pipeline: „Mit unserem bestens geschulten Team können wir zusätzliche COVID-19-Test-Kapazitäten in höchster Qualität realisieren. Die Größe der Lifebrain-Gruppe erlaubt es uns, Tests zu leistbaren Konditionen durchzuführen.“

PCR-Testungen werden gegenüber dem Antigentest als höherwertig eingestuft. Zusätzliche Analysen ermöglichen Virusvarianten zu erkennen, die Ergebnisse gesichert in das Epidemiologische Meldesystem einzupflegen, um letztendlich das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bringen. Die von der Regierung geplante Ausrollung der PCR-Testungen soll beispielsweise einen Schutzschirm über die Schulen spannen, um so im kommenden Wintersemester einen Vollbetrieb gewährleisten zu können. Durch die bevorstehende erhöhte Ansteckungsgefahr durch Mutationen auch für bereits Geimpfte wird der PCR-Test ein zentrales Instrument bleiben.

Erfolgsprojekt „Alles gurgelt!“

Im März 2021 klopfte Lifebrain in Kooperation mit der Stadt Wien, der Wiener Wirtschaftskammer und dem Start-Up Unternehmen Lead Horizon mit der niederschwellig gestalteten Initiative „Alles gurgelt!“ an die Türen der Wiener Haushalte. Das Ziel: Der gesamten Wiener Bevölkerung soll die Möglichkeit zum regelmäßigen und sicheren Gurgel-Selbsttest geboten werden — basierend auf dem hochempfindlichen PCR-Verfahren. Die Tests können in den eigenen vier Wänden durchgeführt werden: Gegurgelt wird mit einer Web App via Computer oder Smartphone. Mit den Logistikpartnern REWE Group sowie der Österreichischen Post kann eine rasche Probenauswertung innerhalb von 24 Stunden sichergestellt werden.

PCR-Tests bedürfen einer reibungslosen, logistisch ausgeklügelten Kette. Mit der Durchführung des Tests zu Hause beginnt die Uhr bereits zu ticken, nachdem das Zertifikat 72 Stunden später seine Gültigkeit verliert.

Im Hightech-Labor der Lifebrain Group wurden die Kapazitäten massiv ausgebaut, um den großen Probemengen gerecht zu werden: Im Pavillon 17 des Otto-Wagner-Areals belegt der Laborbereich bereits drei Stockwerke, ausgestattet mit über 250 modernsten Analysegeräten und Robotik-Systemen. Auch der Pavillon 16 wurde für die sichere Administration und Logistik der hunderttausenden „Alles gurgelt!“-Proben saniert und ausgebaut.

Eine flächendeckende Sequen­zierung ist die wesentliche Voraussetzung für Untersuch­ungen, wie die Bevölkerung auf die Impfung reagiert.

Pooling ermöglicht Analyse enormer Probevolumen

Das innovative „Pooling“-Verfahren ermöglicht hochpräzise schnelle Analysen und gilt als Meilenstein in der Ausweitung der Testkapazitäten. Unterstützt durch hochautomatisierte Robotik-Systeme werden jeweils zehn Proben gepoolt und zusammen analysiert. „Sogar schwach positive Proben können durch die hohe Sensitivität der PCR-Analytik im Pool nachgewiesen werden. Dabei werden gleichzeitig Testressourcen eingespart, wenn der Gemeinschaftstest negativ ist“, erklärt Biomedizinerin Anna Maria Edermayr, MSc. „Wenn in einem Pool ein positives Signal gemessen wird, werden die rückgestellten Primärröhrchen aller im Pool befindlichen Proben einzeln per PCR-Analyse überprüft, um so den jeweiligen positiven Fall zu identifizieren.“

Seit Jahrzehnten kommt die Pooling-Analyse auch in der Transfusionsmedizin zuverlässig zur Anwendung, zudem bei Blutbanken sowie Massenscreenings. „Alles gurgelt!“ liefert über diesen Weg wertvolle Daten, um der Pandemie entgegenzuwirken.

Mit den High-Tech Spezialgeräten für Sequenzierungen kann das Lifebrain Labor sämtliche Mutationen des Coronav­irus einwandfrei identifizieren — so auch die Delta-Variante.

High-Tech Labor im Herzen Europas

Jede Gurgel-Probe verfügt über einen ein­deutigen Barcode: Bei der ersten Administration im Labor wird kontrolliert, ob die Nummer und der dahinter liegende Datensatz valide sind. Für eine lückenlose Nachvollziehbarkeit werden alle Proben laufend im Laborprozess gescannt. Ein vollautomatisiertes und hochstandardisiertes System sorgt dafür, dass alle Proben sämtliche Stationen im Analyseprozess, von der Probenvorbereitung bis zur PCR-Analyse, gleichermaßen durchlaufen und alle Proben rasch analysiert und eindeutig identifizierbar sind. „Bis dato wurden rund 45 Mio. Euro investiert — von der Revitalisierung der Pavillons bis zur Laborausstattung mit modernsten Analysegeräten und Robotik-Systemen für die präzise Abarbeitung des enormen Probenvolumens“, erläutert Lifebrain COO Rainer Sturma.

Vorreiter Wien

Österreich steht bei der Coronatest-Frequenz heute an der Weltspitze. Wien belegt dabei im Bundesländervergleich bei den aussagekräftigeren SARS-CoV-2-PCR-Tests den ersten Platz: Der PCR-Anteil lag hier meist bei über 90 Prozent, wofür sich „Alles gurgelt!“ verantwortlich zeichnet. Die Marke von vier Millionen durchgeführten Tests ist mittlerweile durchbrochen und auch auf europäischem Parkett stößt das Projekt auf großes Interesse. Geklappt hat es im Zusammenspiel: Der Aufbau der Testkapazitäten in Wien war ein Kraftakt von Know-how, Effizienz und Kooperation.

Die Erfolgsstory des raschen Laboraufbaus konnte nur mit einem engagierten und top-ausgebildeten Team, das für Präzision und Qualität steht, geschrieben werden: Seit Beginn des Laboraufbaus am 23. November 2020 hat die Lifebrain Group über 680 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt — ein weiterer Personalausbau ist in Planung. In nur vier Monaten ist das Unternehmen zu einem wichtigen Arbeitgeber in Wien geworden. Dr. Alexander Biach, Direktor-Stellvertreter des Kooperationspartners Wiener Wirtschaftskammer und Standortanwalt für Wien, über die wirtschaftliche Komponente der Lifebrain Group: „Die Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze hat vor allem jetzt in der aktuellen Arbeitsmarktsituation besondere Bedeutung. Das Unternehmen ist ein innovativer Arbeitgeber für engagierte Personen, die im Einsatz gegen die Krise aktiv werden wollen.“

Boost der Analysekapazitäten: Neue Delta-Mutationen durch Sequenzierung identifizier

Im Juli 2021 hat Lifebrain die Analysekapazitäten mit einem Investitionsvolumen von mehr als 700.000 Euro substanziell ausgebaut: Zusätzlich zu den PCR-Analysen sind somit auch Ganzgenom-Sequenzierungen, also genetische Untersuchungen von COVID-19-Proben, möglich. Das Erbgut des Virus wird entschlüsselt und auf unterschiedliche Mutationen untersucht. Pro Woche können 1.500 Sequenzierungen durchgeführt werden. Die Befundung der Proben ist innerhalb von drei Tagen möglich.

Durch die raschere Verfügbarkeit der Ergebnisse wird die aktuelle Sequenzierungs-Kapazität in Österreich signifikant erhöht. Für die Stadt Wien und das Land Oberösterreich hat Lifebrain in den vergangenen Wochen Sequenzierungen durchgeführt und dabei mehrere Fälle der neuen Delta-Mutation identifiziert. Zudem wurde den Landessanitätsdirektionen aller österreichischen Bundesländer angeboten, in den ersten drei Monaten ab 1. Juli positive COVID-19-Proben kostenlos zu sequenzieren, um so neuartigen Mutationen gemeinsam den Kampf anzusagen.

Sequenzierungen stellen heute eine unverzichtbare Säule in der Pandemie-Bekämpfung dar. Sie sind der Schlüssel zur Identifikation und damit zur möglichen Eindämmung neuer Mutationen des SARS-CoV-2 Virus. Der Vorgang ist hochkomplex: Aus positiven Proben wird die Virus-RNA extrahiert und vervielfältigt. Mit Hilfe einer Sequenzierungsplattform kann danach die eigentliche Entschlüsselung automatisiert durchgeführt werden. „Nach rund 30 Stunden stehen präzise Informationen zur Beschaffenheit des Virusgenoms zur Verfügung. Alle gefundenen Sequenzen werden letztendlich mit dem ursprünglichen SARS-CoV-2 Genom, dem ‚Wildtyp‘, verglichen“, erklärt Edermayr.

„Mit den Hightech Spezialgeräten für Sequenzierungen kann das Lifebrain Labor sämtliche Mutationen des Coronavirus einwandfrei identifizieren — so auch die ‚Delta-Variante‘ sowie bereits seit längerer Zeit in Österreich festgestellte Varianten wie Beta (B.1.351) oder Gamma (P.1). Auch die allerneuesten Varianten (Delta Plus, ‚Variants of Interest‘ Eta, Epsilon, Theta) können durch Sequenzierungen entdeckt werden“, beschreibt der Laborleiter Alireza Karimi, MSc. die zukunftsträchtige Untersuchungsmethode. Professor Havel führt fort: „Rasche Sequenzierungen sind der wesentliche Schlüssel zur Identifikation einzelner Mutationen und damit zur genauen Feststellung, welche Varianten des Virus in unterschiedlichen Regionen vorhanden sind und wie es zu einzelnen Ausbrüchen und Infektionsketten kommt. Dies unterstützt das Contact Tracing und erlaubt es den Behörden, gezielt gegen Infektionen vorzugehen. Zusätzlich ist eine flächendeckende Sequenzierung wesentliche Voraussetzung für Untersuchungen, wie die Bevölkerung auf die Impfung reagiert.“

Gesundheit braucht Präzision

Eine flächendeckende Ausweitung von PCR-Tests im gesamten Bundesgebiet ist Voraussetzung dafür, neuen Virus-Mutationen rasch und gezielt auf die Spur zu kommen. Mit Hilfe der Schmelzkurven-PCR oder den sogenannten Mutationsverdachtsanalysen können positive Ergebnisse aus PCR-Tests sofort auf mögliche bekannte Virusvarianten geprüft und für die Sequenzierung vorselektioniert werden. Je mehr PCR-basierte Daten vorliegen, desto präziser sind die Prognosemodelle und die Handlungsmöglichkeiten für die Gesundheitsbehörden. Bis dato werden PCR-Tests allerdings nur in Wien flächendeckend durchgeführt.

Mit der Ausweitung der Sequenzierungs-Kapazität und dem Angebot an alle Bundes­länder, in einer Einstiegsphase von drei Monaten Sequenzierungen kostenlos durchzuführen, will Lifebrain die analytischen Voraussetzungen dafür schaffen, Sequenzierungen österreichweit als Standard in der Pandemie­bekämpfung zu etablieren.

Die Ausweitung der Analysekapazitäten steht auch weiterhin im Fokus: Bis Oktober 2021 plant Lifebrain die Sequenzierungs-Kapazitäten zu verdoppeln. Gesundheit braucht Präzision, Leidenschaft und das richtige Gespür dafür, die Wissenschaft im Kampf gegen die Pandemie auf pfiffige Weise zu den Menschen zu bringen. 

FactBox

Meilensteine der Lifebrain Group

2013: Unternehmensgründung durch Univ.-Prof. Dr. Michael Havel und Mag. Bernhard Auer in Wien

2014: Eintritt in den italienischen Markt, wo Lifebrain bis heute erfolgreich die Spitzenposition hält

2018: Durch die Übernahme von Lab Giusto führt das Unternehmen nichtklinische Umwelt- und Lebensmitteltests in Italien ein

2019: 17 Regionen, 300 Standorte und 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

2020: Gründung des COVID-19-Labors in Österreich und wichtige Testsäule in Italien: Nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie bietet die Lifebrain Group in Italien als eines der ersten privaten Laborunternehmen PCR-, Antigen- und Antiköper-Tests für öffentliche und private Einrichtungen an. Von Beginn an fungiert das Unternehmen als wesentliche Stütze des Gesundheitssystems im Kampf gegen COVID-19. Ende 2020 erweitert die Lifebrain Group ihr Angebot im Raum Österreich. Mitte Dezember eröffnet in Wien eines der modernsten COVID-19-Testlabore

2021: Die Erfolgsgeschichte setzt sich fort: Mit bis zu 500.000 ausgewerteten Proben pro Tag treibt die Lifebrain Group das „Alles gurgelt!” — Projekt der Stadt Wien im Eiltempo voran. Durch Erweiterung der Labor-Kapazitäten wurden über 680 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Prof. Michael Havel
Rainer Sturma
Alireza Karimi im Lifebrain Labor

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