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Digitalisierung bringt Vorteile

© Peter Provaznik

Digitalisierung bringt Vorteile

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Im Rahmen der 4. PRAEVENIRE Gesundheitstage im Stift Seitenstetten präsentierte Dr. Walter Wintersberger, Senior Research Director der Spectra Marktforschungsgesellschaft mbH, Umfrageergebnisse zur Einstellung der Österreicherinnen und Österreicher zum Thema Big Data und Digitalisierung im Gesundheitsbereich. Dabei zeigte sich, dass ein großer Teil der Bevölkerung der zunehmenden Digitalisierung grundsätzlich positiv gegenübersteht.| Von Dren Elezi, MA

In seiner spannenden Keynote präsentierte Dr. Walter Wintersberger Auszüge aus repräsentativen Bevölkerungsumfragen der Spectra Marktforschung und veranschaulichte anhand dieser Eckdaten, wie bei den Österreicherinnen und Österreichern der Wissensstand zum Thema Big Data und Digitalisierung im Gesundheitsbereich aussieht und welche Einstellung sie zu diesen digitalen Entwicklungen haben. Anhand seiner Forschungsdaten erörterte der Marktforscher, dass die Bevölkerung davon überzeugt sei, dass eine zunehmende Digitalisierung des Gesundheitsbereichs zu einer Verbesserung der Funktionalität und Effizienz im System führt „40 Prozent sehen den zunehmend digitalisierten Gesundheitsbereich, der etwa E-Card, digitales Rezept auf dem Handy, digitale Aufzeichnung und Speicherung von Gesundheitsdaten umfasst, positiv. Wir sehen, es geht in Richtung positive Aufnahme dieser Fortschritte.“ Laut Wintersberger betrifft diese Einstellung vor allem Männer und die jüngeren Bevölkerungsschichten. Gleichzeitig zeigte sich bei der Präsentation dieser Ergebnisse, dass es eine Reihe von Personen gibt, die einem zunehmend digitalisierten Gesundheitsbereich zwar offen, aber nicht ganz unkritisch gegenüberstehen.
45 Prozent der Bevölkerung gehen davon aus, dass die Digitalisierung zwar Vorteile bringt, man aber auch die Nachteile im Blick behalten muss. Die Gruppe derjenigen, die diesen Entwicklungen generell skeptisch gegenübersteht, ist mit 14 Prozent hingegen relativ gering vertreten und befindet sich gleichmäßig über alle Altersgruppen verteilt.“

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Um sich einen näheren, qualitativen Einblick zu verschaffen, wurde bei der Untersuchung ausführlicher nach den Vorteilen bzw. den Nachteilen der Digitalisierung im Gesundheitsbereich gefragt. Die Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer hatten dabei die Möglichkeit, offene Fragen zu beantworten. „Als Vorteil wurde die organisatorische und administrative Vereinfachung für Ärztinnen und Ärzte angegeben, für die es einfacher ist, Termine zu planen und sich mit Kolleginnen und Kollegen abzustimmen. Es gibt also eine bessere Koordination im System bzw. zwischen den einzelnen Schnittstellen und das wird von der Bevölkerung sehr wohl auch wahrgenommen.“

Die Datensicherheit bzw. der Datenschutz muss so gewährleistet sein, dass die Bevölkerung von der sicheren Verwendung solcher digitalen Tools überzeugt ist.

Effizienter dank Digitalisierung

Als Vorteil sehen die Österreicherinnen und Österreicher auch die schnellere Informations­übermittlung. Ähnliches gilt auch für den sogenannten „Bürokratieabbau“. „Darunter ist zu verstehen, dass immer weniger mit Papier oder postalischer Zustellung gearbeitet wird und stattdessen immer mehr per E-Mail, digital oder auch per App erledigt werden kann. Auch die Koordination zwischen Kostenträgern und Leistungsbringern dürfte dadurch einfacher und effizienter werden“, so Wintersberger. Anhand der Antworten lässt sich zudem feststellen, dass die Menschen davon ausgehen, dass die Digitalisierung im Gesundheitsbereich Leben retten kann. „Einerseits dadurch, dass man sich Hilfe in Notfällen sehr schnell herbeirufen kann. Andererseits bedingt durch die Informationsverfügbarkeit und die schnelle Informationsverbreitung“, ergänzte der Senior Research Director der Spectra Marktforschungsgesellschaft.

Laut Wintersberger sieht die Bevölkerung die Nachteile u. a. in der mangelnden Gewährleistung des Datenschutzes bzw. dem Zweifel an der Datensicherheit. „Das ist ein Punkt, der den Menschen tatsächlich Sorgen bereitet. Ein weiterer Punkt betrifft aber auch die Angst vor Überwachung bzw. vor dem sogenannten ‚gläsernen Patienten‘.“

Bedenken, die sich anhand der Antworten verdeutlicht haben und besonders Personen betreffen, die eine spezielle Beziehung zu ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt haben, sind, „dass in Zukunft der persönliche Kontakt verloren geht bzw. auf die Arzt-Patienten-­Beziehung verzichtet werden müsste. Hier besteht die Befürchtung, dass in Zukunft alles per E-Mail oder App geregelt wird und die Arzt-Patienten-Beziehung nicht mehr aufrechterhalten wird, wie die Menschen es bisher gewohnt waren.“

Nutzung von digitalen Tools

In puncto Nutzung von digitalen Tools zum Thema Digital Health verfügen immerhin 74 Prozent der Bevölkerung über ein Smartphone oder Tablet. Auch hier zeigte sich, dass die jüngeren Generationen im Alter von 18 bis 34 am stärksten vertreten sind. Gleichzeitig hielt Wintersberger fest, dass „es eine Herausforderung der nächsten Zeit sein wird, denjenigen, die es benötigen, den Zugang zu dieser Technologie zur Verfügung zu stellen.“ Etwa ein Drittel der Bevölkerung nutzt Gesundheits-Apps, 20 Prozent davon sogar täglich, 40 Prozent in wöchentlichem Rhythmus und wiederum 40 Prozent nutzen sie sporadisch bzw. seltener als einmal die Woche.

40 Prozent sehen den zunehmend digitalisierten Gesundheitsbereich, der etwa E-Card, digitales Rezept auf dem Handy, digitale Auf­zeichnung und Speicherung von Gesundheitsdaten umfasst, positiv. Wir sehen, es geht in Richtung positive Aufnahme dieser Fortschritte.

Beim Thema „Einstellung zu Gesundheits-Apps“ betrachten laut Wintersberger indessen knapp 70 Prozent Gesundheits-Apps als „eine gute Sache“. „Diese Einstellung zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten hindurch. Bemerkbar ist, dass auch die älteren Generationen solche Apps positiv sehen und für eine gute Sache halten.“ Bei denjenigen, die über die technischen Möglichkeiten verfügen, liegt der Wert mit 73 Prozent sogar etwas höher. Ein Drittel der Bevölkerung hält Gesundheits-Apps hingegen für eine „weniger gute“ bzw. „keine gute“ Sache und ist demnach nicht von solchen Apps überzeugt. „Hier haben wir nach den Befürchtungen gefragt und es offenbaren sich Bedenken vor allem in Bezug auf den Eingriff in die Privatsphäre und die Sorge von Datenmissbrauch.“ Wintersberger zufolge gäbe es hier eine große Besorgnis der Bevölkerung, wonach Menschen empfinden, dass sie über ihre eigenen Daten, die sich in einem System befinden, keine Kontrolle mehr haben. Zudem betrachten die Skeptiker die Gesundheits-Apps als „unnütz“, und es besteht aus ihrer Sicht die Gefahr, dass dadurch das natürliche Empfinden für den Körper verloren geht und natürliche menschliche Steuerungsmechanismen durch Apps ersetzt werden.

Bildungsgrad und Einkommen spielen eine Rolle

Eine Herausforderung, die Wintersberger näher erörterte und mit der das Gesundheitssystem in Zukunft konfrontiert sein wird, ist die Nutzung von neuen Technologien wie Gesundheits-Apps in Verbindung mit dem Bildungsgrad. „Personen mit Pflichtschulabschluss nutzen zu 23 Prozent Gesundheits-Apps, bei Personen mit Matura bzw. Hochschulabschluss steigt der Anteil der Nutzer auf 43 bzw. 37 Prozent an. Erkennbar wird hier laut Wintersberger der große Unterschied bei der Nutzung von Gesundheits-Apps je nach Bildungsgrad. Ein ähnliches Muster ist auch beim Haushaltseinkommen festzustellen, denn während 26 Prozent der Personen mit einem Haushalts-Netto-Monatseinkommen von 1.500 EURO Gesundheit-Apps nutzen, liegt der Prozentwert bei Personen mit einem Einkommen von 2.500 EURO bei immerhin 50 Prozent. Das bedeutet, dass es eine sehr starke Korrelation zwischen Einkommen und Nutzung der Apps gibt.“ Laut Wintersberger ist daher davon auszugehen, dass es sozial schwächere Schichten in Zukunft schwerer haben werden, einen Zugang zu solchen digitalen Entwicklungen zu finden. „Es benötigt daher eine Steuerung, damit diese Gesundheitsangebote gleichmäßig auf die Bevölkerung verteilt werden können“, ergänzte Wintersberger.

Die Forschungsergebnisse zeigen auch die Art der Gesundheits-Apps, die von den Nutzerinnen und Nutzern verwendet werden. Es sind dies vor allem einfachere Apps wie Schrittzähler, Trainingsprogramm zu sportlichen, körperlichen Aktivitäten, Apps zur Messung der Körpermesswerte, Apps mit Ernährungstipps und -plänen oder auch Apotheken- oder Ärzte-Finder. „Aufgrund der eher geringen Nutzung von solchen Apps stellt sich die Frage, wie Menschen von den Vorteilen überzeugt werden können, damit sie Gesundheits-Apps in ihrem Sinne verwenden. Es besteht hier also noch großer Aufklärungsbedarf.“ Als Beispiel für eine intensivere Verwendung nannte Wintersberger die Erinnerung an Arzttermine oder die Medikamenteneinnahme, vor allem bei älteren Bevölkerungsgruppen, die sehr oft Medikamente einnehmen müssen.

„Alles in allem ist eine positive Erwartungshaltung seitens der Bevölkerung festzustellen, die diesen genannten Entwicklungen grundsätzlich offen begegnen.“ Dabei sei es in Zukunft wichtig, entsprechend aufzuklären und die Sorgen der Bevölkerung aufzugreifen. Auch im Bereich der Verfügbarkeit und dem Zugang der Bevölkerung zu solchen Tools gäbe es Aufholbedarf und hier sei auch die Politik gefordert. „Die Datensicherheit bzw. der Datenschutz muss so gewährleistet sein, dass die Bevölkerung von der sicheren Verwendung solcher digitalen Tools überzeugt ist“, so Wintersberger abschließend.

BioBox:

Dr. Walter Wintersberger studierte von 1980 bis 1989 Psychologie an der Universität Salzburg mit Schwerpunkt Organisationspsychologie und Medizinsoziologie. Von 1985 bis 1989 setzte sich Wintersberger mit Begleitforschung zu Organisationsentwicklungsprojekten im Gesundheitsbereich (Fokus Krankenhausmanagement) auseinander. Von 1990 bis 1992 war er Projektleiter im Bereich Marktforschung bei IMAS. 1992 bis 1998 folgte dann die Position als Projektleiter für den Bereich Marktforschung bei der Spectra Marktforschungsgesellschaft mbH. Seit 1998 ist Wintersberger Senior Research Director der Gesundheits- und Pharmamarktforschung von Spectra und hat bereits mehr als 1.000 österreichische und internationale Marktforschungsstudien im Gesundheitsbereich betreut bzw. geleitet.


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