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Coronapandemie — Wien ist anders

© Ludwig Schedl (2)

Coronapandemie — Wien ist anders

© Ludwig Schedl (2)

In enger Abstimmung haben die Wiener Magistratsabteilung 15 (Gesundheitsdienst) und die Ärztekammer für Wien Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie entwickelt und umgesetzt. PERISKOP sprach mit dem Wiener Gesundheitsstadtrat, Peter Hacker, und dem Vizepräsidenten der Ärztekammer Wien, Dr. Johannes Steinhart, welche Vorteile und Ergebnisse diese akkordierte Vorgehensweise in der Pandemiebekämpfung bisher gezeigt hat. | von Rainald Edel, MBA

Das Pandemie-Management einer Millionenmetropole wie Wien stellt für die Verantwortlichen eine große Herausforderung dar. Die Einwohner- und Arbeitsplatzdichte, die intensive Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, aber auch die Pendler- und Touristenströme sind potenzielle Brandbeschleuniger für die Ausbreitung von Pandemien. Dennoch ist es in Wien gelungen, das COVID-19-Infektionsgeschehen sowohl im internationalen als auch im nationalen Vergleich niedrig zu halten. Mit ein Grund für den bisherigen Erfolg war, dass man in der Stadt andere, manchmal auch kreative Wege gegangen ist und einen Schulterschluss zwischen Gesundheitsverwaltung und Ärztekammer gesucht hat.

Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker

PERISKOP: Subjektiv hat man den Eindruck, Wien hätte die anderen Bundesländer in der Versorgung während der Coronapandemie überholt. Welche Schritte wurden gesetzt?
Hacker: Bezüglich der anderen Bundesländer habe ich zu wenig Einblick, um tatsächlich beurteilen zu können, was dort passiert. Auch wenn medial manchmal eine Konkurrenzsituation hochstilisiert wird, stehen die Bundesländer nicht in einem Wettbewerb zueinander. Ganz im Gegenteil, zwischen den Gesundheitslandesrätinnen und -räten herrscht eine freundschaftliche offene Kommunikation. Die Pandemie hat uns Gesundheitslandesrätinnen und -räte eng zusammengeschweißt — wir halten zusammen. Auch die in den Medien im April hochgespielte Impfstoffdebatte entbehrt jeder Grundlage. Denn wir haben von Anfang an gewusst, dass Wien mehr Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher impfen wird als Niederösterreich Wienerinnen und Wiener. Wir haben uns bewusst für dieses mathematische Ungleichgewicht entschieden, weil die Vorteile überwiegen. Ebenso eng und intensiv wie mit den Gesundheitslandesrätinnen und -räten sind die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen der Ärztekammer und uns als städtischer Verwaltung, im Konkreten zwischen Dr. Steinhart und mir. Auch wenn wir politisch unterschiedlich geprägt sind, sehe ich, dass uns beiden die Aufgabe, die wir bewältigen sollen, bewusst ist. Wir haben beide verantwortungsvolle Positionen — erst recht in einer Pandemie. Ich glaube, uns beide treibt vor allem ein hohes Verantwortungsbewusstsein für die jeweilige Funktion. Es hat von Anfang an eine sehr gute Zusammenarbeit gegeben, wo wir uns gut austauschen und Lösungen diskutieren konnten.

PERISKOP: Subjektiv hat man den Eindruck, Wien hätte die anderen Bundesländer in der Versorgung während der Coronapandemie überholt. Welche Schritte wurden gesetzt?
Hacker: Bezüglich der anderen Bundesländer habe ich zu wenig Einblick, um tatsächlich beurteilen zu können, was dort passiert. Auch wenn medial manchmal eine Konkurrenzsituation hochstilisiert wird, stehen die Bundesländer nicht in einem Wettbewerb zueinander. Ganz im Gegenteil, zwischen den Gesundheitslandesrätinnen und -räten herrscht eine freundschaftliche offene Kommunikation. Die Pandemie hat uns Gesundheitslandesrätinnen und -räte eng zusammengeschweißt — wir halten zusammen. Auch die in den Medien im April hochgespielte Impfstoffdebatte entbehrt jeder Grundlage. Denn wir haben von Anfang an gewusst, dass Wien mehr Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher impfen wird als Niederösterreich Wienerinnen und Wiener. Wir haben uns bewusst für dieses mathematische Ungleichgewicht entschieden, weil die Vorteile überwiegen. Ebenso eng und intensiv wie mit den Gesundheitslandesrätinnen und -räten sind die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen der Ärztekammer und uns als städtischer Verwaltung, im Konkreten zwischen Dr. Steinhart und mir. Auch wenn wir politisch unterschiedlich geprägt sind, sehe ich, dass uns beiden die Aufgabe, die wir bewältigen sollen, bewusst ist. Wir haben beide verantwortungsvolle Positionen — erst recht in einer Pandemie. Ich glaube, uns beide treibt vor allem ein hohes Verantwortungsbewusstsein für die jeweilige Funktion. Es hat von Anfang an eine sehr gute Zusammenarbeit gegeben, wo wir uns gut austauschen und Lösungen diskutieren konnten.

Ich habe immer darauf geachtet, stabile Strukturen aufzubauen, und nicht auf kurzfristige Effekte gesetzt.

Was ist in Wien beispielsweise anders gelöst worden als in den restlichen Bundesländern?
Hacker: Ich habe immer darauf geachtet, stabile Strukturen aufzubauen, und nicht auf kurzfristig verfügbare Hilfe, z. B. durch das Bundesheer oder Freiwilligenorganisationen, gesetzt. Dafür musste ich vorderhand auch viel Kritik einstecken, doch auf Dauer gesehen hat sich unser Weg als nachhaltig und gut erwiesen. So haben wir beispielsweise beim „Contact-Tracing“ ein System aufgesetzt, für das es eine Ausbildung gibt, das den Beschäftigten ordentliche und sichere Arbeitsplätze gewährleistet, wo es ein Management gibt und eine Qualitätssicherung implementiert wurde. Das braucht natürlich in der Aufbauphase Zeit. Aber seit dem Vollbetrieb im Herbst haben wir kontinuierliche Aufklärungsquoten zwischen 60 und 70 Prozent, teilweise sogar mehr. Hingegen liegt die Aufklärungsquote in jenen Bundesländern, die auf rasche Abhilfe gesetzt haben, zwischen zehn und 20 Prozent. Und der Gedanke, unsere Aktivitäten auf solide Beine zu stellen, zieht sich durch das gesamte Coronamanagement. So sind auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Test- und Impfzentren alle angestellt. Ich verstehe schon die Überlegung anderer Bundesländer, auf Freiwillige zu setzen. Man kann so rascher ein System hochziehen, allerdings fehlt es an Stabilität. Das merkt man jetzt, wo das Engagement der Freiwilligen erlahmt ist und die meisten wieder in ihren Ursprungsberufen tätig sind.

SteinhartDieses vorausschauende und nachhaltige Denken in der Pandemiebekämpfung kann ich nur bestätigen. Schon zu Beginn der Coronakrise, Ende Februar letzten Jahres, zeigte sich anlässlich einer Sitzung zum Thema Schutzkleidung im Gesundheitsministerium, dass einzig der Wiener Gesundheitsverbund entsprechende Vorbereitungen getroffen hatte.

Hacker: Ich habe Ende Jänner dem Wiener Gesundheitsverbund den Auftrag gegeben, am Weltmarkt Schutzausrüstung zu beschaffen. Da haben wir schon gewusst, dass eine Infektionswelle auch Europa und Wien erreichen wird — das war abschätzbar.

Vizepräsident der Ärztekammer Wien Dr. Johannes Steinhart

Steinhart: Ja das war hoch professionell. Auch wir als Ärztekammer haben uns damals überlegt, was wir tun und wo wir helfen können. Wir sind damals unter dem Eindruck der Situation in Bergamo gestanden. Uns war klar, wir müssen die Wartezonen in den Arztpraxen und Ambulanzen frei von infizierten Personen halten. Als zentrales Tool, um die Ausbreitung von Infektionen einzudämmen, sahen wir unseren Ärztefunkdienst — den es nur in Wien gibt. Durch den Besuch von Verdachtsfällen und erkrankten Personen zu Hause konnten wir potenziell infizierte Personen sofort isolieren, und davon abhalten in die Arztpraxen oder die Ambulanzen zu gehen und die Infektion zu verbreiten. Da war natürlich die vorhandene Schutzkleidung durch den Wiener Gesundheitsverbund ein großer Vorteil. Zudem konnte durch diesen gezielten Einsatz die damals noch knappe Ressource Schutzkleidung sehr effizient eingesetzt werden.

Diese Strategie der aufsuchenden Testung hat bewirkt, dass es in Wien keine Hotspots in Ambulanzen und Ordinationen gab und damit keine Superspreader. Vereinzelt wurden Ärztinnen und Ärzte krank, aber es kam zu keiner Häufung. Das war der Erfolg, warum wir schon im Frühjahr in Wien die Pandemie gut überstanden haben.

Sie betonen beide die gute Zusammen­arbeit. Wie kam es eigentlich dazu?
Steinhart: Das erste Aufeinandertreffen liegt schon ein wenig zurück und war 2019 anlässlich der Eröffnung eines Primärversorgungszentrums in Wien Meidling. Aber der eigentliche Boost für unsere Zusammenarbeit kam aufgrund des gemeinsamen Gedankens, dass wir die Bevölkerung versorgen müssen. Ich bin kein Virologe, aber pragmatisch einen Plan zur Versorgung der Bevölkerung aufzustellen, da liefere ich gerne meinen Input. Man muss aber auch sagen, dass nicht nur die Zusammenarbeit zwischen dem Gesundheitsstadtrat und mir gut und befruchtend ist, das setzt sich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beider Institutionen fort. Beide Teams haben hier Großartiges geleistet.

Wir haben mit Hausverstand und Pragmatismus realistisch umsetzbare Lösungen gesucht.

Hacker: Wir haben uns auch strategisch gut gefunden. So waren wir beide bereits im Sommer der einhelligen Meinung, dass es für den Herbst ein geändertes Konzept brauchen wird, da neben der COVID-19-Pandemie noch mit einer saisonalen Grippewelle zu rechnen ist. Damit wäre die bisherige Strategie aus der ersten Welle, mit einem Aufsuchen und Abklären von Verdachtsfällen zu Hause, nicht mehr fortführbar gewesen. Von diesen Überlegungen ausgehend kam es dann zur Entwicklung der so genannten „Schnupfenboxen“ in Form von Containern zur Testung. Diese haben wir über Wien verteilt und gleichzeitig sehr klare Regeln für das Testen entwickelt: Die Teststraßen sind symptomlosen Personen vorbehalten, die leicht symptomatisch Erkrankten lassen sich in den Schnupfenbox testen und die schweren Fälle besuchen wir weiterhin zu Hause. Allein diese Aufteilung hat sehr viel gebracht.

Steinhart: Ein anderes Beispiel, das wir gemeinsam entwickelt haben, waren die Schleusen bei den Spitälern, um die Ambulanzen zu schützen. Oder der Umbau der Messehalle mit 800 Betten, um entsprechend Reservekapazitäten für jene Menschen zu haben, die nicht die Vollversorgung eines Spitals benötigen, aber dennoch eine Betreuung.

Kurz zusammengefasst: Wir haben uns mit Hausverstand und Pragmatismus hingesetzt und überlegt, was, wann, wie zu tun ist und nach realistisch umsetzbaren Lösungen gesucht.

Hacker: Absolut. Ich glaube, das war der zentrale Punkt: zu analysieren, was in den ersten Tagen der Pandemie in Italien passiert ist und wie wir daraus abgeleitet unsere zentral wichtige Ressource in einer Pandemie, die Spitäler, schützen können. Da ging es gar nicht mal um spezielle Ressourcen, wie Intensivbetten — weil die kann man nicht innerhalb von ein paar Wochen vermehren. Wichtig war die Überlegung, wie man verhindern kann, dass im Gesundheitsbereich so viele Menschen erkranken, dass das System unabhängig von den Kapazitäten kollabiert. Daher kam die Überlegung, dass wir jene Personen, die positiv getestet wurden, von den Ordinationen und auch vom unkontrollierten Besuch in Spitälern fernhalten können.

Steinhart: Erkrankte Menschen zu isolieren, ist ja der Kern des Epidemiegesetzes. Die Kerntugenden in einer Epidemie sind: so rasch wie möglich detektieren und diagnostizieren und jene Menschen, die betroffen sind, in eine Lebenssituation bringen, in der sie niemand anderen mehr anstecken können.

Hacker: Das war auch der Grund, warum ich im Mai 2020 so vehement für eine offensive Teststrategie eingetreten bin — damit wir erkennen und isolieren können. Wir haben auch jetzt wieder über 50 Prozent asymptomatische Fälle in Wien. Die im Vergleich zu anderen Bundesländern hohe Zahl resultiert daraus, dass wir nicht auf Antigentests setzen, sondern auf die wesentlich sensitiveren und sensibleren PCR-Tests. Antigentests detektieren maximal bis zu einem dem CT-Wert 30 entsprechenden Faktor. PCR-Tests gehen noch weit darüber hinaus und erkennen somit früher kleinere Viruslasten. Als einziges Bundesland haben wir einen Anteil von 50 bis 75 Prozent PCR-Tests unter allen im Bundesland gemachten Tests. In vielen anderen Bundesländern liegt dieser Anteil zwischen zehn und 15 Prozent.

Die hohe Anzahl asymptomatischer Fälle steigert zwar kurzfristig die positiven Fälle, aber langfristig sinken die Zahlen deutlicher, weil man im Gegensatz zu den anderen Bundesländern auch die asymptomatisch Erkrankten aufspürt und an der unbewussten Infektionsweitergabe hindert.

Seitens der Rechnungshöfe, diverser Gesundheitsökonomen etc. wurde in der Vergangenheit  immer wieder die hohe Bettenanzahl pro Kopf bemängelt. Jetzt, in der Pandemie, wurde die Forderung nach mehr Intensivbetten laut. Wie beurteilen Sie die Versorgungslage mit Spitalsbetten?
Steinhart: Zu Beginn der Pandemie gab es in Deutschland 29 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner, bei uns 28 und in Bergamo 8. Es ist schwer, ökonomisch denkenden Menschen den Wert einer Vorhaltefunktion zu vermitteln — nur dachte ich, die katastrophale Versorgungslage in Bergamo und in anderen Regionen, wo man an der Bettenzahl gespart hatte, sollte lehrreich genug gezeigt haben, wie wichtig diese sind. Umso sprachloser war ich, als voriges Jahr im Mai plötzlich die Diskussion aufkam, ob Österreich nicht doch zu viele Intensivbetten hat. Und jetzt, in der zweiten und dritten Welle, hatten wir alle Hände voll zu tun, dass wir die Situation noch im Griff behalten. Das hat nochmals deutlich gezeigt: Hätten wir die Vorhaltekapazität nicht, würden wir ernsthafte Versorgungs­probleme bekommen.

Hacker: Gesetzlich ist das klar geregelt: Ein Intensivbett muss mindestens 85 Prozent Auslastung haben, sonst ist es zu schließen. Das heißt, die Intensivbetten, die wir jetzt haben, sind nicht zu viele.

In den Medien wird immer wieder behauptet, die meisten Ansteckungen fänden indoor und privat statt. Deckt sich das auch mit dem Eindruck in Wien?
Hacker: Der jetzige Anstieg bei den Corona­zahlen ist vor allem auf den Privatbereich zurückzuführen. Aus diesem Grund habe auch ich der Überlegung, die Schanigärten aufzusperren, etwas abgewinnen können. Denn dort würden die Menschen geordnet und mit Abstand sitzen und nicht, wie z. B. vor dem Gassenverkauf von Lokalen, ohne Abstand beieinanderstehen.

Steinhart: Wir sind in einer schwierigen Situation. Die Pandemie schreibt gerade eine neue Geschichte. Die britische Mutation war absehbar, weil es in der Natur von Viren liegt zu mutieren.

Hacker: Wir haben von Anfang an durch Lockdowns eine Durchseuchung der Bevölkerung verhindert. Wir haben zwar bislang zu wenige Menschen geimpft, aber immerhin doppelt so viele wie jemals positiv waren. Man darf nicht vergessen, wie wenige Menschen von den 8,9 Mio. in Österreich jemals positiv waren. Das heißt, wir haben das Virus vor allem in Europa echt gequält und somit gezwungen zu mutieren — ob das die richtige Entscheidung war, wird man später einmal diskutieren müssen. Fakt ist, wir haben es getan und dürfen daher nicht überrascht sein, wenn es zu einer Mutation kommt, die ansteckender ist. Dann das ist die Variante, die besser überleben kann. Jetzt zeichnet diese Mutation die Geschichte einfach anders. Sie ist ansteckender, sie macht die Betroffenen schneller krank. Nicht zwingend mehr Personen, aber die, die es erwischt, stärker. 

Steinhart: Deshalb haben wir auch auf den Intensivstationen mehr jüngere Menschen.

Hacker: Das ist auch für die Intensivstationen eine andere Herausforderung als noch vor einem Jahr. Hier wirkt sich aus, dass die hochbetagten Personen in den Pflegeheimen zum Glück schon geimpft sind. Unter den 18.000 Personen in Pflegeheimen haben wir im Moment 30 aktive Fälle.

Steinhart: Die jüngeren Patientinnen und Patienten liegen auch länger in einem Intensivbett — sie sterben zwar seltener, aber die Belagstage sind deutlich mehr. Was uns wieder zu der vorhin geführten Diskussion über die Intensivbetten führt.

Eines der Hauptprobleme ist momentan die zu geringe verfügbare Impfstoffmenge. Macht es daher Sinn, Vakzine wie „Sputnik V“ auch ohne EMA-Zulassung in Österreich einzusetzen?
Hacker: Mir berichten Impfexpertinnen und -experten, dass sie Sputnik V für einen guten Impfstoff halten und es auch genug Studien gibt, die das belegen — ich kann das aber nicht beurteilen. Ich würde niemanden zwingen, Sputnik V nehmen zu müssen, aber meiner Meinung nach sollte die Gesundheitspolitik es ermöglicheen, diesen Impfstoff einzusetzen. Die Entscheidung, wer welches Medikament bekommt, ist in der Beziehung zwischen der impfwilligen Person und der Ärztin, dem Arzt zu treffen — da soll sich die Gesundheitspolitik nicht einmischen. Mein pragmatischer Zugang ist: Wenn es Ärztinnen und Ärzte gibt, die ihn anwenden wollen, und Patientinnen und Patienten, die ihn bekommen wollen, warum nicht.

In der Berichterstattung über COVID-19 wird vor allem die Rolle der Ärztinnen und Ärzte stark in den Vordergrund gestellt. Wie wurden die anderen Pflegeberufe während der Pandemie erlebt?
Steinhart: Die Pflege ist damit voll konfrontiert gewesen und man muss das fast ein wenig als heroisch bezeichnen. Schon allein, dass das Pflegepersonal den ganzen Tag in der Schutz­ausrüstung schwere Arbeit verrichtet, muss man als heroische Leistung sehen.

Hacker: Das Gesundheitssystem in all seinen Facetten macht gerade einen unglaublichen Job. Da gehören aber auch Portier- sowie Reinigungs- und Technikpersonal dazu. Das Gesundheitssystem zeigt gerade seine unglaubliche Leistungsfähigkeit. Das gilt auch für die Wissenschaft. Es ist kaum bekannt, an wie vielen Studien zu Impf- und Wirkstoffen Wien beteiligt ist. Das zeigt, dass im Bereich der Wissenschaft die Stärken des Wiener Standortes gesehen und geschätzt werden.

Biobox

Peter Hacker begann nach Matura und abgeleistetem Präsenzdienst als Mitarbeiter in der Wohnungskommission bei der Stadt Wien zu arbeiten. Ab 1985 war er im neu geschaffenen Bürgerdienst mit persönlichen sozialen Anliegen der Wiener Bevölkerung beschäftigt und mit den Bereichen Jugend und Soziales betraut. Von 1992 bis 2003 fungierte er als Drogenkoordinator der Stadt, wo er die Hilfs- und Betreuungsangebote der späteren Suchthilfe Wien mitentwickelte. Von 2001 bis 2018 war Hacker Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien (FSW). Im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 wurde er außerdem zum Koordinator für Flüchtlingswesen bestellt. 2018 wurde er zum Gesundheits- und Sozialstadtrat in die Wiener Landesregierung und den Stadtsenat berufen.

Biobox

Nach der Matura absolvierte MR Dr. Johannes Steinhart das Medizinstudium an der Universität Wien. Kurz nach seiner Promotion begann er in der Krankenanstalt „Göttlicher Heiland“, wo er auch seine Facharztausbildung zum Urologen machte. Während dieser Zeit absolvierte er außerdem ein viersemestriges Postgraduate-Studium für Spitalsmanagement an der Wirtschaftsuniversität Wien. Als Turnusarzt wurde er zum Ärztevertreter gewählt und schließlich 1992 im Alter von 37 Jahren zum ärztlichen Leiter des Krankenhauses „Göttlicher Heiland“ bestimmt — eine Funktion, die er bis 2015 innehatte. Seit 1993 betreibt er auch eine Kassenordination für Urologie in Wien. Zudem war Steinhart sechs Jahre Vorsitzender des Wohlfahrtsfonds der Wiener Ärztekammer und ist seit 1999 deren Vizepräsident und Kurienobmann der Niedergelassenen Ärzte. Seit 2012 ist Steinhart Vizepräsident der Ärztekammer Österreich und Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer.

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