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Neue Maßstäbe in Forschung und Entwicklung

© Bernhard jungwirth

Neue Maßstäbe in Forschung und Entwicklung

© Bernhard jungwirth

Nationale und internationale Expertinnen und Experten präsentierten bei der Herbsttagung 2021 der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie (ÖGPath)/Österreichische Abteilung der IAP (IAP Austria) neue diagnostische und therapeutische Aspekte und hoben speziell die Bedeutung der Pathologie in der Diagnose und Therapiebegleitung der Onkologie hervor. | von Mag. Dren Elezi, MA

Die Herbst- und Frühjahrstagungen der ÖGPath/IAP Austria haben sich über die Jahre den Ruf erarbeitet, eine der bedeutendsten Konferenzen ihrer Art zu sein. Die Pathologie hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem integralen Fach entwickelt. Besonders deutlich wird diese Entwicklung in der vernetzten interdisziplinären Diagnostik und Behandlung onkologischer Patientinnen und Patienten.

Inhaltlich stand die Tagung im Zeichen der klinischen Pathologie, Molekularpathologie und der Pathologie des Gastrointestinaltrakts. Schwerpunkte waren die Bedeutung der molekularen Diagnostik bei Tumorerkrankungen und der Involvierung der Pathologinnen und Pathologen im Tumorboard einerseits und andererseits die rasante Entwicklung der Pathologie des Gastrointestinaltrakts. Bei der dreitätigen Tagung wurden neue Studienergebnisse und Entwicklungen aus dem Bereich der molekularen Tumordiagnostik sowie der nicht-neoplastischen Veränderungen des Gastrointestinaltrakts unter Berücksichtigung seltener Entitäten vorgestellt. Die daraus resultierenden Erkenntnisse zeigen, wie eine patientennahe Pathologie die Therapie positiv beeinflusst.

Zentrale Rolle der Pathologie in der Früherkennung, Diagnostik und Therapie

Einer der wohl wesentlichsten Rückschlüsse dieser Fachtagung: In sämtlichen Phasen einer Krebserkrankung spielen die evidenzbasierten Diagnosen der Pathologinnen und Pathologen eine entscheidende Rolle. „Die verschiedenen Vorträge haben einmal mehr gezeigt, dass die Befunde, die Pathologinnen und Pathologen in sämtlichen Phasen einer Krebserkrankung erstellen, eine entscheidende Rolle bei der Früherkennung bzw. Diagnose von Krebs beziehungsweise seiner Vorstufen und im Rahmen von interdisziplinären Therapieentscheidungen oder in der Abklärung einer wieder aufgetretenen, metastasierten Krebserkrankung spielen“, betonte Univ.-Prof. Dr. Renate Kain, PhD, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie. Damit liefern sie eine wesentliche Entscheidungshilfe und bestimmen die weitere Therapie.

Erkennung früher Tumorstadien

Eine wesentliche Maßnahme im Kampf gegen verschiedene Arten von Krebs ist die Erkennung früher Tumorstadien und von Vorstufen, wie etwa beim Dickdarm- und Mastdarmkrebs, bei dem in den letzten Jahrzehnten große Behandlungsfortschritte erzielt wurden. Einige der vielen Highlights waren in diesem Zusammenhang Vorträge zu den Karzinomvorstufen in der Krebsprävention sowie die Pathologieklassifikation des fortgeschrittenen Karzinoms. Zum Thema kolorektales Karzinom, einer heterogenen Tumorerkrankung, referierte Univ.-Prof. Dr. Rupert Langer, der im Bereich der Molekularpathologie insbesondere molekulare Subtypen, die Karzinogenese, und Routine Biomarker näher beleuchtete.

Personalisierte Medizin und Krebsvorstufen

Da die Eigenschaften von Tumoren bei Patientinnen und Patienten variieren, muss die Therapie auf die jeweilige Patientin, den jeweiligen Patienten individuell zugeschnitten werden. Durch die Bestimmung der molekularen Eigenschaften eines Tumors in Form sogenannter Biomarker kann die optimalste Therapie bzw. der maßgeschneiderte Therapiemix eruiert werden. Dadurch hat sich auch die Herangehensweise bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen in den letzten zehn Jahren grundlegend verändert. Die Bestimmung der Biomarker eines Tumors ist daher das „Um und Auf“ der personalisierten Medizin. Dieses Thema stand auch im Zentrum des Vortrags des Pathologen Gregory Y. Lauwers, MD, aus Bosten, Massachusetts, der sich in seinem Vortrag auf die Barrett-Ösophagus sowie den Vorstufen bei Speisenröhrenkrebs konzentrierte. Barrett-Ösophagus ist eine Krankheit, bei der die Schleimhaut der Speiseröhre betroffen ist und die als primärer Risikofaktor für Speiseröhrenkrebs gilt.

Eine große Belastung für das Gesundheitswesen und eine der weltweit häufigsten Krankheitsbilder des Gastrointestinaltrakts ist die gastroösophageale Refluxkrankheit. In seinem Vortrag zum Themenschwerpunkt Pathologie der Speiseröhre widmete sich Univ-Prof. Dr. Cord Langner der Ösophagitis bzw. entzündlichen Veränderungen, die refluxassoziiert bzw. nicht-reflux assoziiert sind. Langdauernder chronischer Reflux ist die Hauptursache für den Barrett-Ösophagus, welcher eine präkanzeröse Läsion für das ösophageale Adenokarzinom ist. Diese Reflux-Erkrankung führt zu einer Entzündung in der unteren Speiseröhre, wodurch es zu Schleimhautveränderungen kommt, die sich dann in Krebsvorstufen umwandeln können.

Weiterentwicklung molekularpatho­logischer Methoden

„Durch die rasche Weiterentwicklung molekularpathologischer Methoden gelingt es, immer mehr molekulare Veränderungen von Tumoren zu identifizieren, die als Zielstrukturen für moderne Therapeutika dienen können. So trägt die moderne Pathologie maßgeblich dazu bei, dass die Gruppe jener Patientinnen und Patienten, die zielgerichtete Therapien erhalten können, immer größer wird und mit weniger belastenden Chemotherapien, einem längerem Überleben und einer besseren Lebensqualität verbunden ist“, erklärte Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Klimpfinger vom Klinischen Institut für Pathologie.

Gleichzeitig werden die Herausforderungen, mit denen sich die klinische Pathologie auseinandersetzt immer vielfältiger und benötigt präzisere Antworten. Ein weiteres von vielen Highlights war in dem Zusammenhang der Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Christoph Zielinksi, Gründer des Comprehensive Cancer Center (CCC), der aus klinischer Perspektive die Immuntherapie maligner Erkrankungen bzw. die Biomarker und ihre klinischen Ergebnisse näher beleuchtete. Die Bemühungen der Forschung zielen auf die Entwicklung individuell einsetzbare Biomarker für die Effektivität der Immuntherapie bei Krebserkrankungen, zu entwickeln widmete.

Bedeutung der interdisziplinären Tumorboards

„Aufgrund der zunehmenden Komplexität der Diagnostik und Therapie von Tumorerkrankungen, kommt der Vernetzung von Fachwissen aus unterschiedlichen medizinischen Disziplinen immer größere Bedeutung zu. Tumorboards stellen die Basis interprofessionaler Therapieempfehlungen in der Onkologie dar und sind Schlüssel zu einer individuellen, bestmöglich abgestimmten Versorgung jeder einzelnen Patientin und jedes einzelnen Patienten und unter Einschluss des Wissens aller um die jeweilige Erkrankung sich rankenden Disziplinen“, erklärte Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Gerald Prager, Universitätsklinik für Innere Medizin I Klinische Abteilung für Onkologie. Die Aufgaben des Tumorboards umfassen ist die Optimierung der Diagnose, Therapie und Nachsorge der Krebs­patientinnen und -patienten.

Klinisch-pathologische Zusammenarbeit essenziell für Therapieentscheidungen

„In den letzten Jahren wurden viele molekularpathologische und auch genetische Faktoren entdeckt, die als Entscheidungsgrundlage unabdingbar und notwendig sind. Allerdings ist deren pathologische Ermittlung aufwendig und mit hohen Kosten verbunden“, erklärt Klimpfinger. Problematisch erachtet er, dass die Entwicklung so schnell voranschreitet, dass die Verfügbarkeit der notwendigen pathologischen Ressourcen nicht mehr überall gewährleistet ist.

„Während sich die Aufgabenstellungen zunehmend gewandelt und erweitert haben, haben weder die Ressourcen noch Ressourcenplanung damit Schritt gehalten“, so Klimpfinger. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Herbsttagung fordern daher, dass die Politik Geld in die Hand nimmt und eine Aufstockung personeller und finanzieller Mittel, damit pathohistologische Befunde als wichtige Grundlage für moderne Therapien zur Verfügung stehen.

Zur Gewährleistung einer hohen Prozess- und Strukturqualität sind erhöhte personelle, zeitliche sowie strukturelle Ressourcen notwendig, denen von Seiten der Politik, den Krankenhausträgern und Trägerorganisationen entsprechend Rechnung getragen werden sollte.

Teilnehmende Expertinnen und Experten der ÖGPath Herbsttagung (Gruppenfoto):

Rupert Langer

Eva Compérat

Martin Klimpfinger

Teilnehmende der ÖGPath Herbsttagung v. l.:

Alexander Nader

Cord Langer

Renate Kain

Christoph Zielinski

Gerald Prager

Martin Klimpfinger

Rupert Langer

© Bernhard jungwirth

© ÖGPath (3), meduni wien, peter provaznik, beigestellt, Privat, philipp monihart, Shutterstock

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